Innovatives Start-up von q.beyond bietet Sharing für Elektromobilist:innen
YouCharge.Me heißt die neue Dienstleistung der q.beyond AG im Energiebereich: Über eine digitale Plattform können Nutzer:innen von Elektroautos ihre Ladestationen mit anderen Elektromobilist:innen teilen. Lisa Speicher und Ralf Fischer berichten über die Bedeutung des Projekts für die q.beyond AG und Erfahrungen, die sie mit diesem Lean Start-up machen.
Lisa, Ralf, YouCharge.Me wurde vor fünf Monaten gelauncht. Was war die Intention, wo steht ihr inzwischen damit?
Ralf Fischer: Der Energiebereich ist neben dem Handel und dem produzierenden Gewerbe einer der drei Wirtschaftsbereiche, in denen q.beyond über viele Jahre besondere Branchenkompetenz aufgebaut hat. Dort treiben wir vorrangig unsere Innovationen voran. q.beyond ist ein führender Experte in Deutschland, wenn es um cloudbasierte IT-Plattformen geht. Also liegt es nahe, der Energiebranche eine spezifische Plattformlösung anzubieten. Aus der Branche, in der wir ja gut vernetzt sind, erhalten wir viel Zustimmung für diese Idee. Soweit zur Motivation. Die Details zu YouCharge.Me nennt am besten Lisa, die ja für die Produktentwicklung und Projektleitung zuständig ist.

Lisa Speicher ist Product Ownerin im YouCharge.Me-Projekt von q.beyond. Bild: © privat
„Im Energiebereich hat q.beyond über viele Jahre
besondere Branchenkompetenz aufgebaut.“
Lisa Speicher: Mit nur wenigen Wochen Vorlauf haben wir am 28. Juli 2020 ein Minimal Viable Product (MVP), also eine Miniversion der von uns angedachten Dienstleistung, gelauncht. Uns ist sehr wichtig, das Produkt nah am Kunden zu entwickeln. Das steckt ja hinter der Idee der Lean-Start-up-Methode, die wir hier umsetzen. Der Service sieht so aus, dass wir Nutzern von Elektroautos die Möglichkeit bieten, sich, ihr E-Auto und – sofern vorhanden – auch ihre Ladestation auf unserer Website zu registrieren. Über unsere Plattform können sie miteinander in Kontakt treten und die Ladevorrichtung teilen: So kann ein Elektroautofahrer also zum Beispiel an privaten Ladestationen anderer sein E-Auto aufladen – wenn er gerade unterwegs ist oder weil er selbst keine Möglichkeit hat, eine eigene Ladeinfrastruktur an seinem Haus zu betreiben.
Was ist aus diesem Minimal Viable Product bis jetzt geworden?
Lisa Speicher: Wir haben die Dienstleistungen Schritt für Schritt ausgebaut – und zwar nach Lean-Start-up-Methode immer agil und auf Basis der Rückmeldungen unserer Kundinnen und Kunden. Aktuell sieht es so aus: Seit Dezember 2020 können wir eine komfortable Suchfunktion mit einer interaktiven Landkarte anbieten, in der die angemeldeten Ladestationen leicht gefunden und über den ebenfalls integrierten Routenplaner schnell angefahren werden können.

Ralf Fischer, Leiter des Bereichs Energiewirtschaft im Geschäftsbereich Branchenlösungen der q.beyond AG. Bild: © q.beyond AG
Ralf Fischer: Unsere Software-Entwickler haben bis jetzt mehr als 1000 Programmiereinheiten – sogenannte Issues – abgearbeitet. Es ist eine ganz neue, innovative Dienstleistung. Usability steht für den Kunden viel mehr als Technik im Vordergrund. Dem müssen und wollen wir gerecht werden.
„YouCharge.Me ist eine ganz neue, innovative Dienstleistung, die es bisher so nicht gibt.“
Wie viele Kunden habt ihr inzwischen gewonnen?
Lisa Speicher: Rund 200 Elektromobilist:innen und mehr als 50 Ladestationen sind inzwischen bei uns angemeldet. Das erscheint noch nicht viel, ist aber ein großer Erfolg, denn wir haben zum MVP-Launch nur über einige Social-Media-Kanäle und Foren der E-Mobilisten-Szene auf uns aufmerksam gemacht. Genug, um Kundenfeedback zu erhalten und nicht überfahren zu werden. Jetzt hat die Lösung genügend Reife, um unser inzwischen fertiges Marketing-Konzept zu starten und demnächst mit Werbung loszulegen.
Wie generiert ihr mit dem Service Einnahmen und wann verdient man damit Geld?
Ralf Fischer: Aktuell sind die Anmeldung und Nutzung unserer Plattform kostenlos. Wir haben verschiedene Geschäftsmodelle im Kopf, die mit der Plattform kompatibel sind. Das reicht von einer festen Gebühr pro vermitteltem Ladevorgang bis zu einer energieabhängigen Provision pro Ladevorgang. Auch hierfür versuchen wir gemeinsam mit unseren Kunden herauszufinden, was am ehesten angemessen ist. Wenn wir methodisch unseren Sweet Spot, unser aussichtsreichstes Geschäftsmodell, gefunden haben, weiß ich auch, wann wir damit Geld verdienen. Wir planen aber, 2021 erste Einnahmen zu generieren. Darauf ist unsere Plattform vorbereitet.

Mobilität und Nachhaltigkeit liegen YouCharge.Me am Herzen. Bild: © Ascent/PKS Media Inc. / Getty Images
Welche weiteren Features habt ihr für YouCharge.Me geplant?
Lisa Speicher: 2021 wollen wir noch eine Bezahlfunktion einbauen: Bisher handeln die Beteiligten untereinander aus, auf welchem Weg der Strom aus der geteilten Ladestation bezahlt wird. Das wollen wir über ein Tool auf der Plattform unterstützen, das heißt verschiedene Zahlungsdienstleister einbinden. Auch die Community möchten wir weiter ausbauen. Die ersten Schritte haben wir getan, indem wir alle, die eine Ladestation angemeldet haben, persönlich interviewt haben. Seit kurzem laden wir alle unsere Nutzer ein, in einer Facebook-Gruppe Erfahrungen auszutauschen.
Ralf Fischer: Ein ganz wichtiger Baustein wird unsere Mobile App sein, die den Zugriff auf YouCharge.Me von unterwegs einfacher machen wird. Wir haben die Plattform von Anfang an unter dem Motto „mobile first“ entwickelt. Da der Zugang derzeit mehrheitlich über den Webbrowser der Smartphones unserer Subscriber erfolgt, steht die Entwicklung einer App auf unserer To-do-Liste ganz oben. Übrigens ist das auch ein besonderer Wunsch unserer Kunden.
Ist das nicht ein bisschen viel Arbeit für ein schlankes Start-up?
Lisa Speicher: Ja, aber nicht zu viel! Wir wachsen ja mit dem Projekt. Tatsächlich haben wir mit nur einem Software-Entwickler und eben einem MVP angefangen. Aber wir konnten uns nach und nach weitere Ressourcen, Mitarbeiter und Partner suchen, wenn wir sie benötigten. Das Lean Start-up gab uns die Möglichkeit, erst mal etwas ausprobieren, ohne große Risiken einzugehen. Bei der Entwicklung haben wir immer berücksichtigt, was unsere Kunden sich wünschten. Das Tolle: Mit dieser Vorgehensweise kann man sich nicht verzetteln. Es kommt ein absolut marktgerechtes Produkt dabei heraus! Wir vermeiden Fehlentscheidungen und Frustrationen – bei den Kunden und natürlich auch im Team!
„Mit dem Lean Start-up haben wir unsere Risiken minimiert und sind sicher, damit ein absolut marktgerechtes Produkt zu entwickeln.“
Gehört nicht viel Mut dazu, als Geschäftskundenanbieter ins Privatkundengeschäft einzusteigen?
Ralf Fischer: Nein, zumal unser Unternehmen schon einmal ein Produkt für Privatkund:innen selbst entwickelt und erfolgreich auf den Markt gebracht hat. Es handelte sich damals, 2006, natürlich noch um ein TK-Produkt. Bis zum Verkauf der TK-Sparte 2019 hatten wir dafür rund 30.000 Kunden. Also eine echte Erfolgsstory! Damals lernten wir bei der Produktentwicklung enorm viel über die Technologie und den Markt, was uns dann später auch bei unseren Geschäftskundenprodukten sehr half. Ich bin sicher, dass wir bei der Entwicklung neuer IT-Produkte für den Energiesektor genauso von unseren Erfahrungen aus YouCharge.Me profitieren können. Skalierbarkeit und Resilienz einer Plattform sind in der Energiewirtschaft zwingend. Wie prüfe ich das besser als mit relativ vielen Privatkunden? Die Statistik steht da auf unserer Seite. Übrigens sind schon Mittelständler auf uns aufmerksam geworden und sprechen uns an. Der ein oder andere Geschäftsführer fährt auch privat E-Auto.
Aber das Thema Elektromobilität ist für q.beyond neu?
Ralf Fischer: In dieser Ausprägung ist YouCharge.Me tatsächlich unser Einstieg. Allerdings haben wir durch die Beteiligung an etlichen, teilweise internationalen Forschungsprojekten und durch enge Kontakte zu Universitäten schon Erfahrungen in den Bereichen Ladeinfrastruktur und Elektroauto gesammelt. Wir kennen also die Szene sehr gut. Des weiteren ist Nachhaltigkeit auch bei der Bewertung von Unternehmen ein Thema, das zunehmend an Bedeutung gewinnt. Da setzen wir mit Produkten an der Schnittstelle Energiewirtschaft und Elektromobilität sicher auf das richtige Pferd.
„Nachhaltigkeit ist bei q.beyond ein großes Thema.“
Wie fällt eine erste Zwischenbilanz aus?
Lisa Speicher: Wir schaffen für unsere Kunden eine einfache Lösung – eine Sharing-Möglichkeit – für das komplexe Problem, dass es viel zu wenige öffentliche Lademöglichkeiten für Elektroautos gibt. Für mich persönlich bedeutet YouCharge.Me, dass ich jeden Tag dazulerne und dass man auch im Lockdown sehr produktiv remote und agil arbeiten kann.
Ralf Fischer: Mir ist durch YouCharge.Me klar geworden, dass eigene Entwicklungsarbeit für ein Unternehmen wie q.beyond wichtig ist. Man kann vieles mit Technologiepartnern lösen, aber nicht alles. YouCharge.Me zeigt auch, dass ein Start-up-Ansatz innerhalb eines Konzerns funktioniert und sehr produktiv sein kann: mit kurzen Wegen, eng am Kunden, in flexiblen Teams, mit agilen Methoden. Und ich sehe bestätigt, wie wichtig es ist, Mitarbeitern möglichst viele Freiheiten zu geben, damit man erfolgreich sein kann. Eine Vorgehensweise, die gerade bei börsennotierten Unternehmen nicht selbstverständlich ist. Das finde ich persönlich echt „beyond“. Bei YouCharge.Me konnten wir in unserem Team tolle Leute zusammenbringen, die nicht nur lernwillig, sondern geradezu hungrig nach neuen Arbeitsweisen, nach Innovationen und spannenden Märkten sind. Das ist eine wunderbare Erfahrung!
Die Interviewten: Lisa Speicher & Dr. Ralf Fischer
Lisa Speicher (Jg. 1988) arbeitet seit November 2019 als Projektleiterin bei der q.beyond AG und ist Product Ownerin im YouCharge.Me-Projekt. Nach einer Ausbildung im Einzelhandel absolvierte sie ein Betriebswirtschaftsstudium, das sie mit dem Master abschloss. Sie war fast drei Jahre lang bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG im Bereich Financial Services tätig. Die gebürtige Saarländerin lebt in Köln. Zu ihren Hobbies zählen Zeichnen, Malen, Fotografieren, Sport und Reisen.
Dr. Ralf Fischer (Jg. 1962) leitet bei der q.beyond AG den Bereich Energiewirtschaft im Geschäftsbereich Branchenlösungen. Der Physiker kam 1997 zum Unternehmen und beschäftigt sich hier seit mehreren Jahren mit der Digitalisierung in der Energiewirtschaft. Vorher arbeitete er bei Thyssen Telecom und T-Systems jeweils als Projektmanager und Consultant. Ralf Fischer lebt mit seiner Familie in der Nähe von Köln.
Erfahren Sie mehr über YouCharge.Me
- Website: https://youcharge.me/
- Sie finden YouCharge.Me auch auf Twitter, LinkedIn, Instagram und Facebook.
- Die YouCharge.Me tauscht sich in einer eigenen Facebook-Gruppe aus.
- Thema Energiewirtschaft auf der q.beyond-Website
- Thema Energiewirtschaft im q.beyond-Blog
Und es geht weiter mit YouCharge.Me – Aktualisierung im März 2021:
Seit Veröffentlichung dieses Interviews hat das Team fleißig an der Plattform gearbeitet und zahlreiche neue Features eingebaut. Und wir waren aktiv und haben von uns Reden gemacht – mit Erfolg: Mitte März hatten wir weit mehr als 300 Teilnehmer:innen mit rund 90 bei uns angemeldeten Wallboxen. Zu unserer Öffentlichkeitsarbeit zählten unter anderem:
YouCharge.Me auf YouTube: Seit Februar 2021 hat YouCharge.Me einen eigenen YouTube-Kanal. Dort finden sich Infos aus erster Hand – von unserem Teammitglied Matthias Wiedemann, der selbst begeistert Elektroauto fährt und aus eigener Erfahrung berichtet. Schon sein erstes Video über die Installation einer Wallbox war ein Publikumsliebling: In den ersten vier Wochen sahen sich mehr als 13.000 Menschen den Film an.
YouCharge.Me im Podcast: Projektleiterin Lisa Speicher war im Februar 2021 virtueller Gast bei Sebastian Henßler und dem Elektromobilitäts-Podcast von Elektroauto-News.net, einem der führenden Nachrichtenkanäle im Bereich E-Mobilität, und berichtete dort über Hintergründe und Herausforderungen des Projekts – nachzuhören via Elektroauto-News, via Open Spotify, via Apple Podcast und via Google Podcast.