Digitalisierung basiert auf dem Internet der Dinge
Das Internet of Things (IoT) bietet Unternehmen nicht nur neue Geschäftsfelder und Umsatzquellen. Es ermöglicht ihnen letztlich, im digitalen Zeitalter zu überleben. Ein Überblick über Einsatzmöglichkeiten und Anforderungen.
„Wartungsservice, wir benötigen einen Termin!“ Solche oder ähnliche Mitteilungen wird künftig nicht das Bedienpersonal eines Bearbeitungszentrums in der Fabrik an den Hersteller des Systems senden, ebenso wenig der Besitzer eines Autos an seine Kfz-Werkstatt. Vielmehr melden die Maschine und das Fahrzeug selbstständig, dass ein Wartungsturnus ansteht. Auf Wunsch vereinbaren sie auch gleich einen Termin mit den Servicetechnikern, natürlich nach Rücksprache mit dem Nutzer.
Die proaktive Wartung (Predictive Maintenance) von Maschinen ist nur eines der Anwendungsszenarien, die ohne das Internet der Dinge nicht vorstellbar sind. IoT steht für die Vernetzung von physischen Objekten, beispielsweise Sensoren, Aktoren, Industrieanlagen (Industrie 4.0), Fahrzeugen und Komponenten für intelligente Gebäude. Auch Systeme aus dem Konsumgüterbereich wie Smart-TVs und Accessoires wie Smart Watches und Fitness-Tracker („Wearables“) zählen zu den Bereichen, in denen das Internet der Dinge zum Zuge kommt.
Das Internet der Dinge wächst in rasantem Tempo
Das Internet of Things (IoT) wird somit alle Geschäfts- und Lebensbereiche durchdringen. Das spiegelt sich in den Umsatzprognosen wider. So taxiert das Beratungshaus McKinsey das weltweite Umsatzpotenzial von IoT im Jahr 2025 auf 4 bis 11 Billionen Dollar. Die größten Anteile entfallen dabei auf den Fertigungsbereich, „smarte“ Systeme in Stadtregionen, etwa im Bereich Verkehrssteuerung, sowie Anwendungen im Fitness- und Gesundheitsbereich.
Die Marktforscher von IDC gehen davon aus, dass die Zahl der „IoT Endpoints“ von weltweit 13 Milliarden im Jahr 2015 bis 2020 auf mehr als 30 Milliarden wächst. Damit verbunden ist ein massiver Anstieg der Daten, die solche Komponenten generieren. Das Datenvolumen wird IDC zufolge geradezu explosionsartig zunehmen – von 0,6 Zettabyte (2015) auf 4,4 Zettabyte (2020). Um diese Datenmengen verarbeiten zu können, sind Cloud-Rechenzentren unabdingbar. Nur sie bieten die Option, diese Datenlawine bei akzeptablen Kosten zu speichern und mithilfe von IoT-Plattformen zu konsolidieren. Big-Data-and-Analytics-Applikationen aus der Cloud wiederum ermöglichen es, IoT-Daten in geschäftsrelevante Informationen zu „übersetzen“.
Laut einer Untersuchung des IT-Beratungshauses Tata Consultancy Services (TCS) können Anbieter von Produkten und Dienstleistungen in zweifacher Hinsicht vom IoT profitieren. Die Daten, die vernetzte Produkte an den Hersteller übermitteln, lassen sich beispielsweise dafür nutzen, um die Produktqualität zu verbessern. Aus den Informationen von Werkzeugmaschinen geht beispielsweise hervor, welche potenziellen Schwachpunkte die Systeme aufweisen und unter welchen Einsatzbedingungen es verstärkt zu Verschleiß-Erscheinungen kommt. Mithilfe von IoT-Plattformen können Anbieter somit „passgenaue“ Lösungen entwickeln, die exakt auf die Anforderungen eines Kunden zugeschnitten sind.
Vom Produkthersteller zum Serviceanbieter
Mindestens ebenso interessant ist ein zweiter Aspekt: Die Vernetzung von „Dingen“ eröffnet neue Geschäftsoptionen. So stattet HP Drucksysteme mit Sensoren aus. Sie melden, wenn der Füllstand von Tinten- oder Toner-Patronen einen niedrigen Stand erreicht hat. Der Nutzer erhält anschließend eine Nachricht, dass er Kartuschen nachbestellen sollte. Unternehmenskunden können sich automatisch mit Verbrauchsmaterialien und Wartungsdienstleistungen versorgen lassen. Aus einem Hersteller von Drucksystemen wird somit ein Dienstleister, der „Drucker als Service“ anbietet.
Vergleichbare Szenarien sind in einer Vielzahl von Branchen denkbar. Ein Beispiel aus der Luftfahrtindustrie: Der Triebwerkhersteller Rolls-Royce „verleiht“ seine Aggregate im Rahmen seines TotalCare-Angebots an Fluglinien. Abgerechnet wird nach Flugstunden. Im Preis enthalten sind alle Wartungs- und Austauscharbeiten. Sensoren an den Triebwerken melden in Echtzeit den Status der Systeme. Die Daten werden auf einer Cloud-basierten IoT-Plattform erfasst und ausgewertet.
Diese Beispiele sind kein Einzelfall. Der Studie von TCS zufolge konnten 49,6 Prozent der Unternehmen, die IoT-Initiativen gestartet haben, ihr Geschäft mit Services nachhaltig erweitern. An die 14 Prozent sprechen von einem deutlichen Ausbau von „Product-as-a-Service“-Modellen à la HP und Rolls-Royce. Somit bietet das Internet of Things Unternehmen die Möglichkeit, ihr Geschäftsmodell zu erweitern und die Abhängigkeit vom reinen Verkauf von Produkten zu reduzieren.
IoT erfordert höhere Flexibilität…
Unternehmen, die von den Vorteilen der Digitalisierung und des Internets der Dinge profitieren möchten, müssen allerdings ihre „Hausaufgaben“ machen. Andreas Zilch, Senior Vice President beim Beratungshaus PAC Germany, warnt insbesondere deutsche Unternehmen vor typischen Fehlern bei der Auswahl und Implementierung von IoT-Plattformen. Einer ist demnach der „deutsche Ingenieuransatz“, sprich ein langwieriges, komplexes Auswahlverfahren mit einem ebenso komplizierten Lasten- und Pflichtenheft. Bis diese Kriterien niedergelegt sind, haben sich laut Zilch die Technik und die Anforderungen an eine IoT-Lösung meist längst weiterentwickelt.
Weitere potenzielle Fehler sind laut der Experton Group:
- Die Suche nach einer „Lösung für die Ewigkeit“, also für die kommenden 10 bis 15 Jahre, sowie nach der „Eier legenden Wollmilchsau“. PAC rät dazu, den Abschreibungs- und Amortisierungszeitraum einer IoT-Plattform auf bestenfalls fünf Jahre zu begrenzen, auch dies, um schnell auf neue Entwicklungen reagieren zu können.
- Außerdem sei davon auszugehen, dass kein Anbieter von IoT-Lösungen alleine alle geforderten Anforderungen eines Anwenders abdecken könne. Daher schlägt Zilch Anwendern vor, parallel mit mehreren Partnern zusammenzuarbeiten.
… und einen Kulturwandel
Ob ein IoT-Projekt erfolgreich verläuft, hängt jedoch nicht nur von technischen Faktoren und der passenden IoT-Plattform ab. Die Untersuchung von TCS ergab beispielsweise, dass ein Umdenken bei Führungskräften und Mitarbeitern erforderlich ist – ein Kulturwandel.
So müssten herkömmliche Denkmuster, Rollenverteilungen und Prozesse auf den Prüfstand gestellt werden. Das falle vielen Mitarbeitern schwer, aber auch Führungskräften und den Inhabern von alteingesessenen Unternehmen. Notwendig ist demnach eine Anpassung der Geschäftsaktivitäten und der internen Abläufe, bis hin zur Entwicklung völlig neuer Geschäftsmodelle.
Kein Königsweg – aber die Mühe lohnt sich
Einen Königsweg, der eine IoT-Strategie automatisch in einen wirtschaftlichen Erfolg ummünzt, gibt es somit nicht. Vielmehr müssen mehrere Faktoren zusammenspielen: Unternehmen müssen bereit sein, sich auf den digitalen Wandel einzulassen und das Internet der Dinge als Teil davon zu akzeptieren. Zudem ist es erforderlich, die passende IoT-Plattform auszuwählen – und vor allem einen Technologiepartner, der dem Anwender mit Rat und Tat zur Seite steht.
Im Idealfall verfügt dieser Partner über ein profundes Cloud-Know-how und Kenntnisse der Branche, in der ein Anwender tätig ist. Denn insbesondere mittelständische Unternehmen verfügen oft nicht über das Spezialwissen, um eine IoT-Strategie „aus dem Stand“ zu erarbeiten und umzusetzen.
Unternehmen, die diese Hürden nehmen, gewinnen jedoch weit mehr als weitere Umsatzquellen. Sie machen sich fit für die Digitalisierung und sichern letztlich ihr Überleben im digitalen Zeitalter.
IoT in der Nussschale
Eine guten Überblick über Relevanz, Einfluss und hilfreiche Denkansätze bietet die Infografik von RS Components.
Dieser Artikel erschien ursprünglich auf Digitales-Wirtschaftswunder.de, dem Themenblog der QSC AG