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Publiziert am 14. September 2010 von unter: ,

Roland Hänel, Leiter Netzdesign bei QSC – über Vorteile und Chancen von Open Source

Roland Hänel, Leiter Netzdesign bei der QSC AG„Open Source wird noch viel wichtiger werden.“

Der Grundsatz, dass viele Köche den Brei verderben, gilt nur bedingt für die Entwicklung von Software. Welche Vorteile und Chancen der Einsatz von Open Source bietet, erläutert Roland Hänel, Leiter Netzdesign bei der QSC AG.

Herr Hänel, wie würden Sie Open Source definieren?

Hänel: Open Source ist eine Software, deren Quellcode offen zur Verfügung steht, wobei „offen“ je nach Lizenz ganz unterschiedlich definiert wird. Frei verfügbar heißt aber nicht unbedingt, dass sie kostenlos sein muss. Selbst wenn die Software an sich kostenlos ist, so ist es ihr Betrieb in der Regel nicht.

Was sind die Vorteile von Open Source?

Hänel: Der wichtigste Vorteil ist die Transparenz, die aus dem Einblick in die Software resultiert. Ein Quellcode ist wie der Bauplan eines Hauses: Wer einen solchen Plan besitzt, kann einfacher einen Schaden reparieren, denn er läuft nicht permanent Gefahr, ein Wasserrohr anzubohren oder eine Stromleitung zu kappen. Auch ein Anbau, also die Erweiterung des bestehenden Systems, lässt sich mit Kenntnis des Plans leichter durchführen.

Ist diese freiwillige Bereitstellung von Wissen ein Gegenentwurf zu Herrschaftswissen?

Hänel: Ja, aber das ist nur ein Aspekt der freien Verfügbarkeit. Es geht nicht nur darum, dass alle etwas nutzen können, sondern auch darum, dass es alle weiterentwickeln dürfen. Denn etwas, das vielen zur Verfügung steht, kann auch von vielen verbessert werden – und so wird das Produkt insgesamt immer besser. Ein prominentes Beispiel hierfür ist die Entwicklung des AES (Advanced Encryption Standard), ein Verschlüsselungs-Algorithmus, der heute State of the Art ist und bis hinauf zu militärischen Hochsicherheitsanwendungen eingesetzt wird. Der Algorithmus, entwickelt von zwei Belgiern und später von der US-Regierung zum nationalen Standard erhoben, ist frei verfügbar. Hintergedanke bei dieser Art der Entwicklung war, dass eine Lücke im Verschlüsselungscode eher gefunden wird, wenn der Code offen von allen einsehbar ist. Der Gewinn, dass „ein Guter“ auf eine etwaige Lücke stößt und die Anwender darüber informiert, wurde bei der Entscheidung für Open Source als höher gewertet als das Risiko, dass „ein Bösewicht“ die Lücke findet und dann Schaden anrichten kann. Quasi nach der Devise: Wir machen extra keine Geheimnisse darum und haben den Vorteil, dass alle Wissenschaftler dieser Welt den Code überprüfen. Und was dieser Überprüfung standhält, ist dann vermeintlich auch sicher.

Ein anderes Beispiel für die Popularität von Open Source ist der Web-Browser Netscape …

Hänel: Ursprünglich war Netscape aber keine Open-Source-Software. Erst als der Konkurrent Internet Explorer den Netscape-Browser schon fast vom Markt verdrängt hatte, wurde der Programmcode unter eine Open-Source-Lizenz gestellt. Mit Erfolg: Heute ist der Netscape-Nachfolger Firefox in Deutschland der meistgenutzte Browser.

Welche Schnittstellen gibt es zwischen der QSC AG und Open Source?

Hänel: Als IT- und internetaffines Unternehmen verwenden wir viel Open Source. Wesentliche Systembestandteile unserer IT, die wir zur Steuerung und zum Betrieb unseres Kommunikationsnetzes benötigen, sind Open-Source-Bestandteile. Entweder betreiben wir sie selber als Open Source, oder sie sind integriert in Herstellerkomponenten, die wir kaufen. So hat zum Beispiel jeder moderne Router des Marktführers Cisco einen Linux-Kernel und beinhaltet damit Open-Source-Komponenten.

Was schätzt die QSC AG an Open Source?

Hänel: Ein großer Vorteil ist, dass wir kompetente Mitarbeiter haben, die bestimmte, für uns wichtige Kernkomponenten weiterentwickeln können. So gesehen profitieren wir von Open Source. Wir geben aber auch etwas zurück, weil wir diese Modifikationen oft der Community wieder zur Verfügung stellen.

Also ein Geben und Nehmen …

Hänel: Ja, aber das basiert nicht nur auf Nächstenliebe, sondern ist auch kommerziell motiviert. Als Entwickler habe ich ein Interesse daran, dass meine modifizierte Open-Source-Komponente kein absterbender Ast an einem großen Baum wird, sondern permanent weiter gepflegt wird. Das erreiche ich am besten, indem ich meine Modifikation zurückgebe. Denn so enthält jede Weiterentwicklung auch meine Änderungen, und nach einer erneuten Modifikation durch andere kann ich es wieder zurücknehmen. So besteht eine Grundmotivation, das eigene Werk immer wieder in den Topf zu geben. Das wird teilweise auch durch Open-Source-Lizenzen gefördert. Es gibt Lizenzen, die sehr freigiebig bei Modifikationen sind, aber es gibt auch Lizenzen, wonach ein verändertes Open-Source-Werk wieder ein Open-Source-Werk sein muss. Wenn ich mich einmal entscheide, in diesen Kreis einzutreten, bin ich auch verpflichtet, die Regeln zu befolgen. Die Lizenznehmer besitzen dann kein Patent auf die Weiterentwicklung, sondern müssen ihren Kunden die gleichen Freiheiten einräumen. Als einige Router-Hersteller Geräte mit modifiziertem Linux-Kernel auslieferten, ohne den Code ihrer Modifikationen zu veröffentlichen, wurden sie per Gerichtsentscheid zur Offenlegung gezwungen.

Welche Rolle wird Open Source in Zukunft spielen?

Hänel: Der Open-Source-Gedanke wird zunehmen – vor allem bei Lösungs- und Netzanbietern, wie wir einer sind. Der Internetzugang wird in den nächsten Jahren zu einer Standardware werden wie zum Beispiel Strom, dessen messbare Qualität ein Endkunde heute bereits nicht mehr unterscheiden kann. Worüber wir uns dann differenzieren müssen, sind die Dienstleistungen, die darauf aufgebaut sind. Wir kommen dann in Bereiche, in denen es keinen interessiert, aus welchem Plastik das Gerät besteht oder ob die DSL-Technologie X oder die DSL-Technologie Y besser ist. Stattdessen geht es mehr darum, welchen Service oder welche Benutzeraktion wir anbieten.

Was bedeutet das konkret für die QSC AG?

Hänel: Open Source lässt sich immer auf zwei Schienen, also mehr oder weniger aktiv, nutzen. So sind die wenigsten Linux-Nutzer aktives Mitglied einer Open-Source-Community. Die meisten arbeiten mit dem System, ohne daran etwas verändern zu wollen. Während die QSC AG heute bei vielen Dingen noch mehr auf dieser eher passiven Benutzerseite zu finden ist, wird das in Zukunft mehr in die andere Richtung laufen. Denn wenn sich unser Geschäftsmodell stärker in Richtung softwarelastiger Themen wie Software-as-a-Service oder Platform-as-a-Service bewegt, werden wir in diesem Umfeld sicherlich auch eine aktivere Rolle einnehmen. Wir werden an mehr Projekten aktiv partizipieren, und das heißt, dass mehr Mitarbeiter von uns Beiträge zu Open-Source-Projekten leisten werden. In dem Sinne ist das Thema auch für uns intern sehr interessant.

Das Interview wurde erstmals im QSC-Kundenmagazin BQB, Ausgabe 5 (2010), veröffentlicht.
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