Arbeitsplatz der Zukunft: Was auf die Führungskräfte zukommt

Die Arbeitswelt verändert sich grundlegend. Kluge Führungskräfte positionieren sich jetzt neu.
Ich gestehe, dass es keine leichte Aufgabe ist, auf die Frage der richtigen Führung in der von Markus Albers beschriebenen Arbeitswelt 2.0 zu antworten. In seinen Büchern und im Interview auf dem QSC-Blog beschreibt der Journalist die aktuellen Trends in der Arbeitswelt – weg von Präsenzkultur und Kontrolle, hin zu kollaborativen Arbeitsformen. Für Bonmots wie „Vertrauenskultur aufbauen“ und „das ist auch nichts für jeden“ bin ich aufgrund meiner systemisch vorbelasteten Herangehensweise an Mensch und Organisation der falsche Ansprechpartner. Für ein geistreiches Buch reicht hier der Platz nicht und das Zitieren hilfreicher Managementliteratur schafft auch keinen sinnvollen Mehrwert.
Also stelle ich Ihnen meine Thesen in knapper Form vor – und freue mich auf eine angeregte Diskussion mit Ihnen. Nutzen Sie die Kommentarfunktion!
Mit kooperativer Führung motivieren
In der von Albers beschriebenen Arbeitswelt 2.0 werden sich erfolgreiche Unternehmen mehr denn je darauf konzentrieren müssen, die Kraft des Einzelnen für die berufliche Lebenswelt freizusetzen. Das ist zwar auch heute schon eine wichtige Fokussierung, morgen wird es allerdings nicht mehr ohne funktionieren. Es wird gerade die untere Führungsebene sein – an der Schnittstelle zur Wirkungsebene jedes Unternehmens -, die ihre Mitarbeiter mit kooperativer Führungsarbeit motivieren muss.
Die Arbeit der darüber liegenden Führungsebenen wird weiterhin managementlastig sein. Ihre Aufgabe liegt aber mehr denn je darin, Gefolgschaft für Ziele zu erzeugen und den Rahmen einer attraktiven beruflichen Lebenswelt für alle zu gestalten. Leadership im reinsten Sinne!
Durch den Wandel der Arbeitswelt verändern sich die Parameter wie die tatsächlich gelebten Kriterien zur Sichtung von Nachwuchskräften oder zur Organisation der Arbeit in den Teams: intransparente, direktiv-anweisende Führungstypen werden es in Zukunft schwer haben – vor allem an der Basis. Umso wichtiger ist es, dass auch die Teamleiter in ihren Unternehmen optimal eingesetzt und unterstützt werden. Hier helfen zum Beispiel Laufbahnmodelle, die für Klarheit sorgen: Wer soll den Weg Führungsfunktionen einschlagen, wer ist in einer stärker fachlich geprägte Leitungsrolle passend unterwegs?
Neue Anreize schaffen
Markus Albers beschreibt in seinen Büchern zwei unterschiedliche Szenarien, wie berufliche und private Lebenswelten zusammenwachsen. In beiden ist derselbe Grundgedanke zentral: Mitarbeiter und Führungskräfte streben nach Selbstentfaltung und wünschen dafür zunehmende Spielräume – etwa bei der zeitlichen Gestaltung ihrer Arbeit. Die Unternehmen stellt das vor ganz neue Herausforderungen: Sie werden mit einem passenden Anreizsystem überzeugen müssen.
Mehr Freiheit für den Einzelnen meint dabei nicht den Verzicht auf Leistungsbereitschaft. Das wird kein romantischer Tanz ums Feuer, bei dem sich alle an der Hand halten und in kooperativer Selbstverliebtheit hinschmelzen.
Dem persönlichen Streben nach Selbstwirksamkeit steht weiterhin Ergebnisdruck gegenüber. Umso wichtiger ist es, Sinn im eigenen Tun zu empfinden und sich als wirksamer Teil der Organisation wahrzunehmen. Ermöglicht das Unternehmen dies nicht, verlieren alle Akteure die Kraft und Konzentration oder werden sogar krank. Stichwort Burn-Out.
Neben zusätzlichen Spielräumen spielt auch die glaubwürdige Selbstdarstellung eine zentrale Rolle. Social Media wird zunehmend Transparenz erzeugen – und zwar ohne, dass Unternehmen darauf großartig Einfluss nehmen können. Über neue Kommunikationswege wie Twitter, Blogs und Soziale Netzwerke spricht sich schnell herum, ob die Unternehmenskommunikation nach außen tatsächlich die von den Mitarbeitern erlebte Realität im Inneren der Firma spiegelt. So wie dies eine Chance für eher unbekannte Arbeitgeber ist, stellt es – glücklicherweise – auch eine Bedrohung für Unternehmen dar, die selbstbeweihräuchernde Hochglanzauftritte bevorzugen.
Fürsorge proaktiv betreiben
Wir werden lernen müssen, uns Erholung zu organisieren. Neben den beruflichen Belastungen gibt es immer auch privat erlebte, etwa durch Kinder oder pflegebedürftige Familienangehörige. Dazu zählt aber auch die neu gewonnene Freiheit für anspruchsvollere private Leistungsziele wie beispielsweise die Teilnahme an einem Marathonlauf. Zunehmend entfallen von außen geregelte Regenerationsphasen, die gewerkschaftlich gesicherte Fünf-Tage-Woche ebenso wie der kirchliche „heilige“ Sonntag.
Das Unternehmen, die direkte Führungskraft und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben dabei eine proaktive Fürsorgepflicht – ob sich selbst oder anderen gegenüber. Die Führungskraft kann Stress verhindern, indem sie weder durch zu abstrakte Zielvorgaben überfordert, noch erwartet, dass die Mitarbeiter ständig erreichbar sein müssen. Als Mitarbeiter lohnt es sich, die persönlichen Kompetenzen und Präferenzen zu kennen und Machbarkeiten realistisch zu prüfen. Ungeklärte Rollenverständnisse werden ein Brennpunktthema sein, dem sich alle Akteure verantwortungsvoll widmen müssen.
Mehr Verantwortung an die Basis geben
Wir werden die Handlungsfähigkeit und Entscheidungskompetenz auf der unteren Führungsebene erhöhen müssen. Dazu braucht es eine neue Haltung des Topmanagements, die mehr Verantwortung an der Basis erlaubt.
Die Leistung des Unternehmens besteht vor allem darin, das nicht auflösbare Spannungsverhältnis zwischen „Ergebnisdruck“ und „Motivation des Einzelnen“ auszubalancieren. Dazu muss das Personal ebenso befähigt werden wie die Organisation als Ganzes. Digitales Management von oben wird durch Prozesskompetenz insbesondere auf der obersten Führungsebene ersetzt. Die angestrebte Balance ist dabei mehr ein Akt des Tuns als ein akademischer Diskurs auf Vorstandsetagen – Reflektionskompetenz muss schlicht geübt werden.
Einen guten Beitrag leistet dazu meiner Erfahrung nach beispielsweise die Methode der „Kollegialen Beratung“ als wesentlicher Baustein in der Führungs- und Leitungskräfteentwicklung. Daneben macht eine moderierte Thematisierung der Grenzen von „Führungsarbeit von unten“ Sinn.
Selbststeuerungskompetenz erhöhen
Wir werden die Selbststeuerungskompetenz auf allen Ebenen erhöhen müssen! Wir haben mit unserem Denkapparat genug Phantasie uns vorzustellen, was uns guttut und was uns Energieabfluss kostet. Ergänzend sind Feedbackinstrumente wie 360-Grad-Befragungen oder Selbsteinschätzungstools, zum Beispiel Motivanalysen, nützlich. Wenn sie konsequent als Entwicklungsinstrumente eingeführt und gelebt werden, unterstützen sie den lösungsorientierten Umgang mit eigenen Ressourcen und unterschiedlichen Sichtweisen.
Wandlungsorientierte Unternehmen setzen dabei auf Lesbarkeit: Sie ist eine entscheidende Voraussetzung, wenn man Veränderungen nachhaltig managen möchte. Es wird besser sein, fehlende Antworten auf Probleme zuzugeben, als auf geheime Zirkel zur Sondierung der Lage und Nichtkommunizieren zu setzen. Damit meine ich nicht temporäre Geheimhaltung in strategischen Projekten. Hier geht es um einen transparenten Umgang mit Veränderungsprozessen, die sowieso alle ahnen oder ablesen können. Wichtige Bausteine werden zudem Rituale bilden, die persönliche Begegnung und einen routinierten Umgang mit Feedback organisieren.
Sicher bin ich ganz besonders in einem Punkt: Technologie allein wird die Arbeitswelt 2.0 nicht gestalten. Das werden nach wie vor Menschen sein.
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Kommentare
Hallo Fred,
meinen Glückwunsch zu deinem Beitrag wie ich finde sehr treffend beschrieben.
Wenn Du dich erinnerst an unsere ersten gemeinsamen Tage bei celox – was habe ich und würde es auch heute immer wieder sagen “ Als Selbstständiger im Unternehmen denken und handeln und ein gutes Maß an Teamkollegialität mitbringen “ fördert das eigene Tun und formt für den weiteren Lebensweg sowohl privat und beruflich.
Weiterhin Dir alles Gute mit kollegialem Gruss von Wolfgang
Was offensichtlich vergessen wird ist, dass ein Paradigmenwechsel mit dem Wandel der Arbeitswelt statt findet. Wenn dieser Paradigmenwechsel nicht instrinsisch bei den sogenannten Führungskräften von Statten geht, und somit keine Modelle vorhanden sind, wird weiterhin das Diktat der (Markt-)Bedingungen vorherrschen. Die Kraft der viralen Netzwerke in einem Unternehmen (als auch der sozialen Medien) wird weiterhin unterschätzt werden. Statt auf die Fähigkeiten solcher Netzwerke und vor allem Netzwerkler zu schauen, versucht man im althergebrachten Stil den Wandel anzuordnen. Das dies so Erfolg bringt, ist zu bezweifeln.
Die Aneinanderreihung der Modaloperatoren im Artikel scheint eher ein Indiz von wenig Kongruenz in den Aussagen und Vorschlägen. Und womöglich hat bereits ein Paradigmenwechsel bei Mitarbeitern stattgefunden und ist womöglich schon assimiliert und wird an entscheidender Stelle nicht richtig wahrgenommen.
(Praktische) Modelle,“neue“ Werte und Ethik wurde vielfältig beschrieben, sei es bei den „Klassikern“ Peter Senghe, Michael Roach oder Patrick Lencioni, Claus Otto Scharner usw. usw., die verschiedenen Ansätze aufzeigen, jedoch in ihrer Essenz eindeutig sind.
Ganz interessant und bestimmt auch spannend, die dort ausgeführte Idee weiter zu verfolgen ist der folgende Spiegel-Artikel:
http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/0,1518,747569,00.html.
Mit bestem Gruss
Michael
Hallo Michael,
danke für Deinen Diskussionsbeitrag!
Ich stimme dem Paradigmenwechsel uneingeschränkt zu. Der Artikel hier soll ein paar Ansatzpunkte liefern, die dann im Sinne einer lernenden UND transparenten Organisation nach Innen wie Außen „endlich dran sind“. Ganz im Sinne des von Dir angepriesenen Spiegel-Artikels: Unternehmenskultur wird ständig gemacht und nicht von oben angewiesen.
Beste Grüße, Fred
Qualifiziert, selbstbewusst, extrem anspruchsvoll – junge Berufsanfänger ändern Kultur und Alltag in den Unternehmen, schreibt SPIEGEL ONLINE. Was treibt die Nachwuchskräfte an, was ist ihnen wichtig? Und wo wollen sie am liebsten arbeiten? Ein umfangreicher Blick auf die „Generation Y“: http://www.spiegel.de/karriere/berufsstart/0,1518,766883,00.html
Vielen Dank für den Link zu diesem interessanten und zugleich treffenden Artikel im Spiegel. In vielen Punkten kann ich diesen Artikel nur unterstützen. Die neue Generation ist leistungsstark und das wohlwollend über die übliche 40-Stunden-Woche hinweg…wenn ihre Forderung nach Rückkopplung und vor allem sinnvollen Aufgaben erhört wird. Die Sprunghaftigkeit und Ungeduld ist m.E. sehr stark abhängig von der Sinnhaftigkeit ihre Seins. Höher, schneller, weiter will man doch vorrangig, wenn man weiß an anderer Stelle bewegt man mehr und bewegt sich mehr.
Lesenswerter Artikel heute dazu in der FAZ: „Neue Führungskultur – Abschied vom Supermann“ http://www.faz.net/-026rqb
Markus Albers hat (fast exakt 3 Jahre nach meiner Einladung von ihm zu uns ;-) mit Microsoft ein paar Thesen zum Thema ausformuliert – sehr lesenswert!!