TK und IT entwickeln gemeinsam Services für die Märkte von morgen
Die Branchen der Telekommunikations- und der Informationstechnik befinden sich in einem umfassenden Umbruch. Denn hohe Internet-Bandbreiten stehen an nahezu jedem Ort in jeder gewünschten Größe zur Verfügung und verändern auch die IT-Industrie. Es wird nun möglich, immer mehr Dienstleistungen aus dem Internet – aus der Cloud – zu beziehen.
- Die Sicherheit der Internetnutzung ist dabei zu einer Eigenschaft der Geräte oder der genutzten Service-Plattformen geworden. Datenverarbeitung wird als Dienst auf „as-a-Service“-Basis aus dem Internet angeboten.
- Die Nutzung von IT-Lösungen geht weg vom „Ich besitze eine Software“ zu „Ich nutze eine Funktion, wenn ich sie brauche“. Damit verändert sich auch die Wertschöpfung und das Dienstleistungsmodell der TK- und IT-Firmen: Der höchste Wert liegt in der Nutzung einer Lösung.
Game Changer
Einige Produkte und Dienste haben diese Entwicklung herbei geführt. Schon das erste iPhone im Jahr 2007 war hinsichtlich der Internetnutzung „always online“. Dies wurde mit einer Datenflatrate von den Carriern unterstützt. Außerdem schob sich mit den Apps die Nutzung unterschiedlichster Dienste via Internet in den Vordergrund. Rein technische Merkmale traten dagegen immer weiter in den Hintergrund. Mit der Einführung des iPad wurde der Trend, den Content, die Information, im Fokus zu haben, weiter beschleunigt.
Der Kern dieser Entwicklung, die Mobilisierung der Internetnutzung, wurde von einem anderen Key-Player aufgegriffen. Auf der Seite des Betriebssystems für mobile Internetnutzung hat sich Google mit seinem System Android positioniert. Dieses Betriebssystem steht als Open Source zur freien Verfügung. Auf Seiten der Hardware stellt sich besonders Samsung als ein starker Marktteilnehmer dar. Mit der Mobilisierung der Internetnutzung tritt eine weitere Entwicklung ein: das „Public Cloud Computing“.
Denn auch die notwendigen Datenspeicher und Rechenleistungen stehen nun überall zur Verfügung. Hochleistungsfähige Rechenzentren waren zunächst die Basis für den Betrieb von Suchmaschinen und daran ankoppelnde Dienste wie private Mail- oder Landkartenservices. Nun ermöglichen sie Public-Cloud-basierte Kommunikationsdienste wie Twitter oder Facebook.
Beide Entwicklungen, Mobilität und Cloud, wurden und werden durch die private Nutzung getrieben. IT und Kommunikation entwickeln sich nicht mehr nach den Bedürfnissen der Geschäftswelt, sondern mit der alltäglichen privaten Nutzung des Internet.
Public Cloud Based Services als neue Industrie
Die Telekommunikations- und IT-Dienstleister haben eine unterschiedliche Genetik. Telekommunikation war lange ein Bestandteil der Daseinsvorsorge des Staates für seine Bürger. Insbesondere deswegen war diese bis vor 15 Jahren auch in der Hand des Staates. Ganz anders die Genetik der IT, hier hat eigentlich bis zum heutigen Tag jedes Unternehmen angestrebt, seine „eigene IT“ zu betreiben. Fasst man die Genetik beider Branchen zusammen, entsteht die Basis für eine neue Industrie – die Industrie der „Public Cloud Based Services“.
In der Telekommunikation sind wir es gewöhnt, dass die Kommunikation in Realzeit abläuft. Besonders Telefongespräche erfordern eine direkte Verbindung zwischen den Gesprächsteilnehmern. Während dieser Verbindung muss die erforderliche Bandbreite zur Verfügung stehen. Der Austausch der Daten geschieht in Echtzeit – für die Telekommunikation eine Selbstverständlichkeit, die die TCP/IP-Netze erst lernen mussten. Die Realzeitfähigkeit ist auch für Public Cloud Computing eine Bedingung. Nur mit ihr kann man die „Peripherie“ in Realzeit einbinden. Das „Internet der Dinge“ setzt eine entsprechende Kommunikationsinfrastruktur voraus und hier ist das Know-how der TK-Unternehmen unerlässlich.
Die Genetik der Firmen-IT ist dagegen, alles in der Hand des Unternehmens behalten und absichern zu wollen. Die Genetik der IT-Dienstleister ist geprägt von deren Wunsch, die volle Kontrolle über die Kundendaten in den eigenen Rechenzentren zu „besitzen“. In der letzten Zeit hat sich aber auch dies stark gewandelt. Eigentlich alle Firmen einer Branche nutzen dieselbe Software. Diese wird damit zum Quasi-Standard. Auf dieser Basis entsteht derzeit ein neues Geschäftsfeld: das Outsourcing als IT-Dienstleistung.
Damit wird der Betrieb von Rechenzentren zur Vertrauenssache, vor allem, wenn die Rechenzentrumsdienstleistungen virtualisiert werden. In der Genetik ist damit die Frage nach einer besonderen Vertrauensbeziehung zwischen Kunde und Dienstleister entscheidend.
Aus der Kombination beider Genetiken der Telekommunikations- und IT-Branche entsteht ein neuartiger Ansatz für die weitere Industrialisierung von ITK-Dienstleistungen. ITK-Dienste der kommenden Generation werden so einfach funktionieren, wie wir heute Telefongespräche führen oder Strom aus der Steckdose nutzen. ITK-Dienste direkt aus dem Internet ohne Umwege zu nutzen, mit Zugang von jedem Webbrowser, von jedem Smartphone ist das Ziel. Das betrifft in besonderem Maße ITK-Dienste, die für den Mittelstand auf eigenen Servern oder in einer Private Cloud nicht wirtschaftlich betrieben werden können.
Industrialisierung der IT – Public Cloud Computing
Die Bundesregierung hat 2009 einen Wettbewerb gestartet, der unter der Überschrift „Trusted Cloud Computing“ Projekte fördert, die in besonderer Weise mit Hilfe von Cloud Computing den Mittelstand mit ITK-Lösungen unterstützen, die ohne diese neue Technologie nicht nutzbar wären. Die besondere Herausforderung wird in der Gewinnung der Akzeptanz für Cloud Computing gesehen. Unter diesen beiden Gesichtspunkten gilt es, die Technologie für Public-Cloud-Services zu erweitern.
Im Grunde geht es hier um eine Lösung zur Industrialisierung von ITK-Diensten, damit ITK-Lösungen für den Mittelstand so einfach zu beziehen sind wie Strom aus der Steckdose. Cloud-Lösungen, die der besonderen Erwartung an Verlässlichkeit und Vertrauen genügen, werden entworfen und implementiert. Ein wichtiges Merkmal dieser Lösungen ist es daher, dass der Nutzer jederzeit die völlige Kontrolle über seine Daten hat. Diese ausschließlich durch den Benutzer ausgeübte Kontrolle ist die zentrale Anforderung an „Trusted Cloud“. Im Rahmen eines Technologiewettbewerbs des BMWi hat der hier im Folgenden vorgestellte technologische Ansatz einen Technologiepreis gewonnen.
SensorCloud – Datenerfassung für den Einsatz von Public Cloud Computing
Mit dem Projekt SensorCloud wird das Internet der Dinge gefördert. In der ersten Ausprägung geht es um energietechnische Fragestellungen, die Erfassung von Messwerten und die Steuerung von Maschinen mit den daraus abgeleiteten Informationen. In der Erfassung von Energieverbrauchsdaten (Smart Metering) ist es eine Bedingung, dem Benutzer die volle Kontrolle über seine Daten zu geben. Mit der SensorCloud-Technologie lässt sich das Public Cloud Computing als Datenaggregationsplattform nutzen. Die Stärke dieser Cloud-Lösungen sind die Skalierbarkeit und ihre hundertprozentige Verfügbarkeit. Nur so können riesige Messdatenmengen parallel erfasst werden.
Die Realzeit-Erfassung aller Einflussgrößen, die unsere Energieversorgung bestimmen, ist die informationstechnische Grundlage für den Umbau unserer Stromversorgung. Nur wenn wir die schwankende Erzeugung von Strom – die Sonne scheint mal, mal nicht; der Wind weht oder auch nicht – mit dem aktuellen Bedarf koordinieren können, lässt sich die Menge regenerativ erzeugter Energie deutlich erhöhen.
Trusted Clouds und die SensorCloud-Technologie können diese Koordination leisten und werden somit zu Schlüsseln für die zukünftige Energieversorgung.
Forschungsaktivitäten als Enabler für neue Services
Der Einstieg in die Entwicklung zukunftsweisender Public-Cloud-Lösungen kann durch eine Partnerschaft von Wirtschaft und Wissenschaft deutlich beschleunigt werden. Technisch besonders spannend sind dabei Lösungen, die eine einzige Plattform für viele weitere Anwendungen zur Verfügung stellen. Das schafft SensorCloud. Die Industriepartner QSC AG und Symmedia arbeiten mit den beteiligten Hochschulen, der RWTH Aachen und der FH Köln, dafür an einem gemeinsamen Projekt.
Zwei Themenfelder, in deren Realisierung die Technologie genutzt werden kann, werden schon heute deutlich: Smart-Grid- und Smart-Traffic-Systeme. Mit beiden Themenfeldern eng verbunden ist die Ausgestaltung der Elektromobilität. Darum bringen wir unseren technischen Sachverstand auch in OSCAR ein, ein Projekt zur intelligenten Verkehrssteuerung.
Dabei gilt: Sämtliche Steuerungssysteme der Zukunft profitieren von dem gebündelten Know-how der Telekommunikation mit Echtzeit-Kommunikation und der IT-Industrie mit dem sicheren Umgang mit Daten.
Der ITK, der intelligenten Kombination dieses Know-hows, gehört daher die Zukunft, denn sie eröffnet völlig neue Wertschöpfungsmöglichkeiten!
Dieser Beitrag erscheint als Gastbeitrag auch im „Dschungelführer 2012“, dem Branchenbuch für den deutschen Telekommunikationsmarkt.
Der Band hat 216 Seiten und kostet in der gedruckten Ausgabe 24,90 Euro. Er erscheint am 23. Mai 2012 – zur Handelsblatt-Tagung „TK Europa 2012“. Bestellung per formloser E-Mail an email hidden; JavaScript is required.
Sie können den Dschungelführer auch direkt hier am Bildschirm lesen – in einem geschützten pdf (ohne Kopier- und Druckfunktion).
Lesen Sie zu dem Thema auf dem QSC-Blog auch: Cloud Computing für den Mittelstand – Ulrich Hacker im Interview