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Publiziert am 29. September 2016 von unter: , ,

Wie Bürgermeister und Landräte jetzt den Breitbandausbau voranbringen

Deutschland soll Gigabit-Land werden: Der Staat fördert den Breitbandausbau durch Kommunen und Kreise so großzügig wie nie zuvor. Der Zeitpunkt für den Einstieg in den Highspeed-Ausbau ist für sie also günstig – allerdings auch befristet. Daher sind Gebietskörperschaften und ihre Tochtergesellschaften – etwa Stadtwerke und Energieversorger – gefordert, sich jetzt schnell um ein Konzept und um Partner für den Netzausbau zu bemühen. – Ein Gastbeitrag von Dr. Jürgen Kaack, der als Consultant für Breitband.NRW dabei hilft, Hindernisse auf dem Weg zur Datenautobahn zu beseitigen.

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Dr. Jürgen Kaack berät Kommunen und Landkreise beim Ausbau des Next Generation Access. Aktuell ist er auch für Breitband.NRW im Auftrag der Landesregierung tätig. Foto: © Dr. Jürgen Kaack.

Ohne Breitbandzugang sinken die Hauspreise und wenn der Internet-Anschluss zu langsam ist, beschweren sich die Bürger bei Kommunalpolitikern und Verwaltung. Doch gerade in kleineren Gemeinden und ländlich geprägten Regionen gibt es noch viele weiße Flecken im Breitbandatlas.

Datenautobahnen flächendeckend: Das ist das Ziel, das die Bundesregierung für 2018 vorgegeben hat. Schon in zwei Jahren soll es überall in Deutschland möglich sein, einen Internetanschluss mit einer Download-Geschwindigkeit von mindestens 50 Mbit/s zu nutzen – einen so genannten Next Generation Access (NGA).

Next Generation Access bisher nur für drei Viertel der Bevölkerung

Je nach Bundesland und Region ist NGA (50 Mbit/s) bisher sehr unterschiedlich vorhanden: in Sachsen-Anhalt für 43 Prozent der Haushalte, in Hamburg für mehr als 94 Prozent, im Bundesdurchschnitt für 71,2 Prozent. Unter den Flächenländern nimmt Nordrhein-Westfalen die Spitzenposition ein: Hier liegt die 50-MBit-Verfügbarkeit aktuell bei 77,4 Prozent der Haushalte – so ein Bericht des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI).

Zwar hinkt die Breitbandnutzung noch deutlich dem Angebot hinterher, doch wird mittelfristig von allen Experten eine deutliche Zunahme von spezifischen Diensten erwartet, die teilweise auch massenmarkttauglich sind: etwa in den Bereichen Bildung, Kultur, Sport, Telemedizin, E-Government, Unternehmensvernetzung (Stichwort: All IP) oder Industrie 4.0 (Stichworte: Big Data und Internet of Things).

Glasfaser gilt als einzige zukunftsträchtige Technologie

Solche Anwendungen  erfordern immer höhere Geschwindigkeiten und letztlich den flächendeckenden Ausbau einer Glasfaserinfrastruktur, die nach jetzigem Stand der Technik alleine in der Lage ist, die zukünftig zu erwartenden, weit höheren Bandbreitenbedarfe zu decken.

Bemerkenswert ist daher, dass erstmals neben der Geschwindigkeit auch die Breitband-Technologie bei der staatlichen Förderung berücksichtigt wird: Nordrhein-Westfalen hat als erstes Bundesland in seine gerade verabschiedete „Gigabit-Strategie“ neben der Geschwindigkeit von mindestens 50 Mbit/s bis 2018 auch ein Infrastrukturziel formuliert: Bis 2025 sollen 50 Prozent der Haushalte in NRW die Möglichkeit erhalten, FttB (Fiber to the Building) zu nutzen – Glasfaserleitungen, die bis zu den Gebäuden verlegt sind.

Üppige staatliche Förderung durch Bund und Länder

Der Staat bietet so vielfältige finanzielle Fördermöglichkeiten wie nie zuvor, damit endlich alle Bürger ans Highspeed-Internet angeschlossen werden: Über das „Bundesförderprogramm Breitbandausbau“, das im Herbst 2015 vom Bundeskabinett gestartet worden war, werden mehr als vier Milliarden Euro an Kommunen und Landkreise verteilt. Sie erhalten bis zu 15 Millionen Euro, um unterversorgte Gebiete ans Turbo-Internet anzuschließen.

Vor wenigen Tagen hat das BMVI die 116 Förderbescheide des zweiten Förderaufrufs aus diesem Programm verschickt – mit einem Volumen von 904 Millionen Euro. Der dritte Förderaufruf für die Ausbauprojekte läuft bis zum 28. Oktober 2016. Bis dahin können die nächsten Anträge gestellt werden.

In der Regel übernimmt der Bund bei diesen Netzausbauprojekten 40 bis 50 Prozent der Kosten, die Länder sorgen dann für eine großzügige Co-Finanzierung. Genutzt werden dürfen die Programme auch von Kommunen, die sich in der Haushaltssicherung befinden: Sie können auf diese Weise ihre Infrastruktur verbessern, was ihnen dann helfen kann aus der finanziellen Misere herauszukommen.

Beratung und Kooperationen

Klar ist aber auch: Das NGA-Förderprogramm des Bundes wird nur für „weiße NGA-Flecken“ angeboten, die den Nutzern mehrheitlich weniger als 30 Mbit/s ermöglichen. Außerdem muss Marktversagen vorliegen: Für die nächsten 36 Monate ab Antragstellung darf es keine verbindliche Förderplanung eines Netzbetreibers geben. Und letztlich ist das Programm höchst bürokratisch und setzt hohe Hürden für die Vorbereitung eines Förderantrags.

In vielen Fällen ist die Nutzung öffentlicher Fördermittel nur die Ultima Ratio! Mit einer Ausnahme: Auf jeden Fall ist es für Gebietskörperschaften empfehlenswert, den Zuschuss für eine Beratungsleistung in Anspruch zu nehmen. Mit dieser Förderung greift der Bund ihnen bei der Planung mit bis zu 50.000 Euro unter die Arme. Mit diesem Geld lässt sich zum Beispiel die Stelle eines Breitband-Koordinators in einer Region schaffen, der die verschiedenen Akteure an einen Tisch bringt. Oder ein spezialisierten Consultant. Oder beides. Diese Förderung kann allerdings nur noch bis Ende 2016 beantragt werden.

Schlüsselposition von Stadtwerken und Energieversorgern

Wichtigste Akteure beim Breitbandausbau sind die Bürgermeister und Landräte. Wenn die Spitzen der Gebietskörperschaften hinter dem Projekt Breitbandausbau stehen, hat man eine Chance, die notwendige Akzeptanz in der Bevölkerung zu finden. Konkret hieß das zum Beispiel im Kreis Heinsberg – ganz im Westen an der niederländischen Grenze: Über Vorverträge mit Bürgern schaffte man Investitionssicherheit für den Netzbetreiber, der in der dünnbesiedelten Region den Netzausbau kaum marktwirtschaftlich hätte realisieren können.

Eine überaus wichtige Rolle können auch die kommunalen Tochterunternehmen spielen – also Stadtwerke und Energieversorger, sich aufgrund ihrer bereits vorhandenen Kundenbeziehungen mit den Bürgern eigentlich als Betreiber von Breitbandnetzen anbieten. Allerdings wird ihr Potenzial noch zu wenig genutzt, was vor allem mit dem Zuschnitt der Förderprogramme zu tun hat.

Next Generation Access sehr ungleich verteilt: Nur Gelb steht für hohe Versorgungsrate mit 50-Mbit-Breitband. Quelle: Zukunft Breitband. Zum Vergrößern bitte anklicken.

Next Generation Access ungleich verteilt: Nur Gelb steht für hohe Versorgungsrate mit 50-Mbit-Breitband. Quelle: Zukunft Breitband. Zum Vergrößern bitte anklicken.

Betreiber- und Wirtschaftlichkeitslückenmodell mit Tücken

Denn dabei gelten strenge Regeln: Zwar kann ein Energieversorger oder Stadtwerk als Infrastrukturlieferant oder Anbieter von Telekommunikationsleistungen auftreten. Dann muss es sich um die Ausschreibung für das Ausbauprojekt der eigenen Gemeinde aber offiziell bewerben und dabei mit anderen Anbietern konkurrieren – auch wenn es dabei sicherlich einen Heimvorteil genießt.

Als Infrastrukturanbieter kann das kommunale Unternehmen Förderungen nach dem Betreibermodell in Anspruch nehmen. Der große Vorteil bei diesem Modell: Die Gebietskörperschaft hat die Entscheidungshoheit und kann sich für einen nachhaltigen Breitbandausbau mit Hilfe der zukunftsträchtigen Glasfaser entscheiden. Der Nachteil: Vorgeschrieben ist eine Trennung des Baus der passiven Infrastruktur auf der einen Seite und des Betriebs und der Vermarktung des Breitbandnetzes auf der anderen Seite.

Die Stadt kann über ihre Tochterfirma also nicht gleichzeitig Infrastrukturlieferant und Telekommunikationsanbieter sein, sondern braucht dafür einen Partner, an den sie ihr Breitbandnetz verpachtet. Das gestaltet sich häufig schwierig, erfordert eine umfangreiche Organisation und hat noch einen besonderen Nachteil: Nach Auslaufen der Pachtzeit muss das Netz laut Gesetz veräußert werden. Es handelt sich somit um kein nachhaltiges Geschäftsmodell für das kommunale Unternehmen.

Leichter realisierbar ist das so genannte Wirtschaftlichkeitslückenmodell: Hier überlässt eine Gebietskörperschaft einem Telekommunikationsunternehmen den Breitbandausbau und dessen Vermarktung. Es erhält die staatliche Förderung, wenn der NGA-Ausbau nicht marktwirtschaftlich zu realisieren ist.

Doch wenige Kommunen betreiben bisher eigene Telekommunikationsgesellschaften – so genannte Citycarrier – die als Netzbetreiber auftreten können. Wenn keine speziellen Anforderungen an die Breitbandtechnologie gestellt werden, kommt insbesondere aufgrund ihrer Präsenz in der Fläche oft die Deutsche Telekom zum Zuge, die dann auf Vectoring setzt, eine Weiterentwicklung des auf Kupferdrähten basierenden DSL. Vectoring hat sich als Brückentechnologie wirtschaftlich bewährt, sein Einsatz verzögert aber letztlich einen konsequenten Glasfaserausbau.

Dieser Nachteil kann vermieden werden, wenn entsprechende Anforderungen an die Technologie gestellt werden oder sich das kommunale Unternehmen dazu entschließt, nicht nur die passive Infrastruktur aufzubauen, sondern auch seine Geschäftstätigkeit um Telekommunikationsdienstleistungen zu erweitern.

Das kommunale Unternehmen kann dann die Breitband-Technologie selber festlegen und bei einer Bewilligung des Vorhabens die Förderung nach dem Wirtschaftlichkeitslückenmodell beziehen. Im Gegensatz zum Betreibermodell handelt es hierbei um ein nachhaltiges Geschäftsmodell. Allerdings muß das kommunale Unternehmen auch hier die mit der Förderung bedingten Auflagen erfüllen und sich bei einer öffentlichen Ausschreibung durchsetzen.

Eigenbetrieb mit großem Potenzial

Alle Entscheidungsfreiheiten und wirtschaftlichen Möglichkeiten haben Kommune/Landkreise und ihre Tochterunternehmen nur, wenn das Projekt Highspeed-Internet komplett im Eigenbetrieb ohne Förderung durchgeführt wird. Die Stadtwerke bauen die Infrastruktur und können – wie eine kommunale Telefongesellschaft – zum Beispiel mit Unterstützung eines externen Dienstleisters den Betrieb und die Vermarktung des eigenen Glasfasernetzes übernehmen. Im Unterschied zum Wirtschaftlichkeitslückenmodell braucht das kommunale Unternehmen hier nicht die Auflagen einer Förderung zu berücksichtigen.

Der große Nachteil: Der Staat gewährt dafür aktuell keine finanzielle Förderung. Daher gibt es auch nur wenige Beispiele erfolgreicher Projekte in dieser Art. Einige seien hier erwähnt:

  • Im Ennepe-Ruhr-Kreis hat die Gemeinde Gevelsberg ein Gewerbegebiet mit Glasfaser versorgt und dies ohne Fördermittel finanziert. Der Landkreis hat allerdings die Beratungsförderung in Anspruch genommen und damit einen Breitband-Koordinator angestellt.
  • Oder der Zweckverband des Kreises Steinburg – nordwestlich von Hamburg gelegen: Er hat die für den eigenwirtschaftlichen Glasfaserausbau notwendigen Mittel bei den beteiligten Kommunen eingesammelt.
  • Auch der Rhein-Erft-Kreis (südwestlich von Köln) oder der Zweckverband Altmark in Sachsen-Anhalt sind gute Beispiele für eine solche Vorgehensweise.

Eine Möglichkeit, um die Finanzierung zu realisieren: Wenn die kommunale Tochterfirma ihre ohnehin notwendigen Tiefbauprojekte gleichzeitig für den Glasfaserausbau nutzt, sinken dadurch die Kosten für den Breitbandausbau bis auf ein Zehntel der ansonsten zu veranschlagenden Summe. Doch erfordert diese Vorgehensweise einen langen Atem: Es ist dafür eine Zeitspanne von zehn bis 15 Jahren einzuplanen, bis das Stadt- oder Gemeindegebiet weitgehend flächendeckend ausgebaut ist.

Als Alternative zur staatlichen Förderung für den Netzausbau bieten sich auch Kredite öffentlicher Banken an, in Nordrhein-Westfalen zum Beispiel der NRW-Bank. Oder Kommunen tun sich zusammen und finanzieren so gemeinsam ihre Highspeed-Netze.

Immerhin haben die Politiker inzwischen das Potenzial erkannt, dass sich durch die Beteiligung kommunaler Tochterfirmen für den Breitbandausbau ergeben kann: Im nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium wird bereits über ein Förderprogramm für kommunale Unternehmen nachgedacht.

Die Chancen, dass diese Idee noch in dieser Legislaturperiode Wirklichkeit wird, gehen allerdings gegen Null. Darauf zu warten, ist also nicht empfehlenswert. Und letztlich zeigt meine jahrzehntelange Erfahrung beim kommunalen Breitbandausbau: Wenn das Geschäftsmodell gut ist, findet sich in der Regel auch eine passende Finanzierung.

 

Weitere Informationen:

Breitband NRW / Dr. Jürgen Kaack

Überblick über Breitbandausbau in Deutschland/BMVI

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  • E-Mail: dietmar.becker (at) qsc.de
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Teaserbild: © Fernando Cortes/Shutterstock.com

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