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Publiziert am 14. Dezember 2017 von unter: ,

Wissensarbeiterstudie 2017 (4): Zwischen Schein und Sein

Leader - Businesswoman at apex of crowd

@istock.com/Martin Barraud

Führungskräfte haben zunehmend Schwierigkeiten damit, die Themen der Mitarbeiter zu verstehen. Wenn die Mitarbeiter nicht verstärkt in Entscheidungen eingebunden werden, sind weitere Papiertiger vorprogrammiert.

In dieser Beitragsreihe kommentiert PAC exklusiv für Digitales Wirtschaftswunder ausgewählte Ergebnisse der Studie „Wissensarbeit im Wandel“ – ein gemeinsames Projekt von Hays AG, der Gesellschaft für Wissensmanagement und Pierre Audoin Consultants (PAC) – in dessen Rahmen mehr als 1.200 hochqualifizierte Fach- und Führungskräfte aus Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt wurden.

Die Studie zeigt, wie der digitale Wandel den Arbeitsalltag und den Kompetenzerwerb hochqualifizierter Mitarbeiter verändert, welche Spannungsfelder sich dabei auftun und wo Verbesserungsmaßnahmen ansetzen sollten. Heute im Fokus: Führungskräfte und deren Verständnis von Wissensarbeit.

Manager mit rosaroter Brille?!

Den Anstoß für diesen vierten und letzten Beitrag unserer Artikelserie gab Jörg Dirbach, Competence Unit Manager und Partner bei Zühlke. In einem dedizierten Blogbeitrag zur Wissensarbeiterstudie 2017 wies er darauf hin, dass Manager offensichtlich Schwierigkeiten haben, die Arbeitsweisen und Probleme von Wissensarbeitern nachzuvollziehen.

Tatsächlich liefern die Studienergebnisse zahlreiche Belege für diese These. Bereits in den Eingangsfragen zum Stellenwert von Wissen und Wissensarbeitern in den Unternehmen zeigen sich große Diskrepanzen in der Wahrnehmung. Je weiter das Management vom operativen Geschäft entfernt ist, desto rosaroter scheint die Brille.

Und die Diskrepanzen werden größer: So fallen die Einschätzungen der Wissensarbeiter im Vergleich zu der vor drei Jahren durchgeführten Studie heute deutlich skeptischer aus – im Gegensatz zur Ansicht der Führungskräfte. Denn während die Mehrheit der Führungskräfte ihr Unternehmen weiter auf einem guten Weg sieht, macht sich unter den Wissensarbeitern zunehmend Ernüchterung breit.

Quelle: Hays und PAC

Die Ergebnisse der Wissensarbeiterstudie sind kein einmaliges Artefakt. Eine internationale Erhebung von Capgemini zur „Digital Cultural Challenge“, in deren Rahmen weltweit mehr als 1.700 Mitarbeiter und Führungskräfte in 340 Organisationen befragt wurden, zeigt ein ähnliches Muster. Die überwiegende Mehrheit der Führungskräfte berichtet in diesem Rahmen u.a. von einer reibungslosen funktions- und bereichsübergreifenden Zusammenarbeit sowie von einer flexiblen und agilen Unternehmenskultur. Die Mehrzahl der Mitarbeiter nimmt die Realität dagegen deutlich nüchterner wahr. Im Ergebnis titelten die Studienmacher: „Digital culture: The disconnect between leadership and employees couldn’t be wider“.

 

Manager urteilen auf Basis des eigenen, meist begrenzten Erfahrungshintergrunds

Diese Entfremdung kommt nicht von ungefähr. Sie rührt von der Illusion einer Steuerbarkeit von Unternehmen wie im Industriezeitalter, als die Führungskräfte noch klassische Karrierepfade durchliefen – sich also zunächst als Lehrling, Facharbeiter, Vorarbeiter und Meister bewährten, um dann mit ihrer geballten Erfahrung den Steuerknüppel in die Hand zu nehmen. Doch immer weniger Manager durchlaufen heute eine solche Karriere. Zugleich wandeln sich die jobspezifischen Herausforderungen in immer höherer Geschwindigkeit, der Anteil der Wissensarbeit steigt und der Grad der Spezialisierung nimmt immer mehr zu – mit dem Resultat, dass die „Halbwertszeit“ des Erfahrungswissens (der Führungskräfte) immer kürzer wird.

Jörg Dirbach mutmaßt vor diesem Hintergrund, dass viele Maßnahmen zur Optimierung der Wissensarbeit (ebenso wie zur Verbesserung der Unternehmenskultur) schlicht auf Basis des begrenzten Erfahrungshintergrunds der Führungskräfte beschlossen werden: „Viele Führungskräfte sind durch das Tagesgeschäft mit viel zu vielen Meetings und Emails in der Routinearbeit versunken und glauben, dass auch ihre Mitarbeiter genauso arbeiten wie sie selbst“. Im Ergebnis werden dann nach bestem Wissen und Gewissen Maßnahmen bzw. Lösungen ausgerufen, die sich schlussendlich nur als Papiertiger erweisen bzw. in der Praxis der Wissensarbeit wenig bewirken.

 

Führungskräfte sollten Steuerungs- und Entscheidungsmechanismen hinterfragen

Vor diesem Hintergrund wäre schon viel gewonnen, wenn Führungskräfte versuchen würden, die Arbeitsweise der Wissensarbeiter besser zu verstehen. In diesem Punkt bin ich ganz bei Jörg Dirbach. Unsicher bin ich mir, ob – wie er fordert – sich die Führungskräfte tatsächlich wieder stärker zu Wissensarbeitern entwickeln sollten. Eine klare Trennung von Fach- und Führungskräftekarrieren – bei der die Führungskräfte immer stärker eine Rolle als Coach wahrnehmen – halte ich nach wie vor für die richtige Antwort auf die Herausforderungen der Wissensarbeit. Gleichzeitig als Coach und Wissensarbeiter zu agieren, führt m.E. direkt in die Überforderung.

Allerdings sollten die Führungskräfte sich der wachsenden „Entfremdung“ bewusst sein – und vor diesem Hintergrund klassische Steuerungs- und Entscheidungsmechanismen hinterfragen. Die Illusion einer Steuerbarkeit von Unternehmen wie im Industriezeitalter hat ein großer Teil der Mitarbeiter offensichtlich schon erkannt, wohingegen viele Führungskräfte immer noch tradierten Bildern anhängen. So benennen in der Wissensarbeiterstudie deutlich mehr Fach- als Führungskräfte kontraproduktive Anreizsysteme und ungeeignete Weiterbildungsmaßnahmen als Hürden für die Wissensarbeit. Im gleichen Zuge wird die Fähigkeit, sich selbst zu managen, primär von den Wissensarbeitern als zentrales Thema der Kompetenzentwicklung benannt.

Dabei zeigen sich auch Führungskräfte selbstkritisch. Mehr noch als die Mitarbeiter kritisieren sie, dass die Führung noch zu stark als Kontrollfreak agiert. Gut so, denn die Abkehr vom Micromanagement ist sicher notwendig. Aber sie ist noch nicht hinreichend: Solange die Führungskräfte glauben, sie müssten sich zum Digital Leader aufschwingen und wüssten besser, was für die Mitarbeiter gut ist, wird sich an den Diskrepanzen in der Wahrnehmung wenig ändern.

 

Credo: Aktive Einbindung der Mitarbeiter in die Entscheidungsfindung ist erfolgskritisch!

In der in Deutschland gerade veröffentlichten „Change Studie 2017“ unterscheidet Capgemini mit Blick auf die digitale Kultur zwischen Frontrunner- und Late-Adopter-Unternehmen – wobei die Frontrunner nicht nur in der Kulturarbeit, sondern auch bei der Mitarbeiterzufriedenheit und Unternehmensperformance überdurchschnittlich gut abschneiden. Auf Basis von Tiefeninterviews mit Vertretern dieser Gruppen (darunter Mitarbeiter und Manager) wurden verschiedene Gründe für den Erfolg identifiziert. Dabei zeigte sich: Die Frontrunner-Unternehmen sind eher geneigt, Mitarbeiter aktiv in Entscheidungen einzubinden und ihnen ein Stück weit die Initiative zu überlassen. „Erfolgreicher digitaler Kulturwandel“, so schließen die Autoren, ist von der Einbindung der Mitarbeiter und deren Eigeninitiative geprägt.

 

Quelle: Capgemini

Diesem Fazit schließe ich mich gerne an. Ob beim Design neuer Arbeitsumgebungen, von Maßnahmen zur Kompetenzentwicklung oder bei der Auswahl entsprechender Technologien und Dienstleister: Eine aktive Einbindung der Mitarbeiter scheint dringend angezeigt. Damit würden auch Technologieanbieter, Dienstleister und Berater gezwungen, die Sicht der Mitarbeiter – und nicht nur die der Führungskräfte – in ihren Lösungsangeboten zu berücksichtigen.

Dies gilt schlussendlich für die gesamte Digitalisierungsdebatte, die derzeit vorrangig mit und unter Führungskräften ausgetragen wird: Wenn den Einschätzungen der Mitarbeiter hier nicht stärker Gehör geschenkt wird, drohen die Diskussionen (weiter) im Echoraum zu verhallen.

Die vollständige „Wissensarbeiterstudie 2017“ steht hier https://www.hays.de/personaldienstleistung-aktuell/studie/wissensarbeit-im-wandel-2017 kostenlos und registrierungsfrei zum Download bereit.

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf Digitales-Wirtschaftswunder.de, dem Themenblog der QSC AG

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