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Publiziert am 22. August 2019 von unter:

Office 365: Revolution des IT-Betriebs durch die Hintertür?

Frau steht vor einem großen Schlüsselloch in der Wand

Bild: © leolintang / Getty Images

Ist Office 365 nicht einfach die neuste Version von Microsofts Bürosoftware – nur eben auf Cloud-Basis? Weit gefehlt: Der Umstieg bringt mehr Veränderungen für das Business und die IT, als viele denken. Leider viel zu oft durch die Hintertür. Unternehmen sollten sich deshalb bewusst machen, was bei einem Umstieg auf Office 365 auf sie zukommt.

Anfang 2019 setzten bereits 48 Prozent der Unternehmen im deutschsprachigen Raum Office 365 ein, gegenüber nur 15 Prozent drei Jahre zuvor – so die umfangreiche „Sharepoint und Office 365 Anwenderstudie 2018/19“. Doch viele, wenn nicht gar die meisten Unternehmen machen sich nicht bewusst, dass sie mit dem Schritt hin zu Office 365 de facto einen grundlegenden Paradigmenwechsel in ihrer IT vollziehen: Einerseits geben sie der Digitalisierung und Modernisierung ihres Unternehmens einen großen Schub. Andererseits stellen sich bei der Umstellung fast immer unerwartete Nebenwirkungen ein. Und sei es nur, dass viele Unternehmen plötzlich über Probleme mit dem Internetzugang klagen. Laut einer aktuellen Studie berichten derzeit vier von zehn Unternehmen, die Office 365 im Einsatz haben, von entsprechenden Engpässen.

 

Anwendungsvielfalt oder Wildwuchs?

Eine noch größere Herausforderung ist die Vielfalt an Anwendungen, die mit Office 365 verbunden ist. Sie kann schnell zu Wildwuchs führen, wenn die Apps und Funktionen unvorbereitet auf die Mitarbeiter losgelassen werden. Deshalb gilt es erst einmal grundsätzliche Fragen zu klären: Für welche Aufgabe setzt das jeweilige Unternehmen konkret welche Lösung ein? Und im Umkehrschluss: Welche Apps bleiben unangerührt? Auch die Abgrenzung zwischen den Einsatzszenarien ist wichtig.

Das Unternehmensmanagement wiederum muss sich mit noch grundlegenderen Fragen auseinandersetzen. Beispiel Kontrollverlust: Wenn Microsoft eine Office-Anwendung oder -Funktion einstellt, können Unternehmen sie nicht mehr auf eigenen Servern weiterlaufen lassen und müssen sich nach Alternativen umschauen – ob sie wollen oder nicht. Zwar kündigt Microsoft solche Abschaltungen mindestens zwölf Monate im Voraus an. Doch selbst ein Jahr ist für Mittelständer mit begrenzten IT-Ressourcen oft eine kurze Zeit.

Ein weiteres Beispiel ist das Innovationstempo: Unternehmen sind mit Office 365 nicht mehr nur alle paar Jahre mit neuen Versionen ihrer Programme konfrontiert, sondern fortlaufend. Insofern benötigen sie ein Auswahlverfahren, das die ständig eintreffenden neuen Features erst einmal sortiert: An dieser Stelle mutiert die firmeninterne IT noch mehr als bisher schon zum Dienstleister und Berater.

 

Fließender Übergang dank externer Dienstleister

Zumal vieles, was sich bisher unter der Motorhaube der firmeneigenen IT befand, deutlich ausgedünnt wird. Fließender gestaltet sich der Umstieg auf Office 365, wenn Exchange, SharePoint, Skype & Co. bereits in den Händen eines externen IT-Dienstleisters lagen. Doch auch in diesem Fall fallen schlagartig umfangreiche Hardware-Ressourcen weg – sowie die damit verbundenen Services wie Patch-Management, Sicherung der Systemverfügbarkeit oder Monitoring des Betriebs. Tritt eine Störung auf, können die IT-Verantwortlichen – sei es intern oder extern – letztlich nichts anderes unternehmen als jeder Privatkunde: ein Service-Ticket bei Microsoft erstellen.

In der Regel läuft Office 365 auf Anwenderseite jedoch so rund, dass keine Wartungsarbeiten notwendig sind. Die Ausnahme sind globale Ausfälle von Diensten, die jedoch äußerst selten vorkommen. Eher spielen fehlerhafte Konfigurationen auf Anwenderseite eine Rolle. Insgesamt gilt, dass die Verfügbarkeit der Arbeitsplatz-Services aus der Cloud in der Regel wesentlich höher ist als von Systemen, die unternehmensintern betrieben werden.

 

Standard-Backup und -Security reichen oft nicht aus

Ganz arbeitslos wird die bisherige IT jedoch auch mit Blick auf die Office-Programme nicht. Bestimmte Aufgaben bleiben. Ein prominentes Beispiel ist das Backup der Daten. Zwar ist gewährleistet, dass bei eventuellen Ausfällen seitens Microsoft Daten nicht verloren gehen, aber ein dediziertes Backup über solche Zwischenspeicherungen hinaus findet bei Office 365 nicht statt. Dafür müssen weiter die Unternehmen selbst sorgen. Ähnliches gilt für Sicherheitsfunktionen wie Spam-Schutz und E-Mail-Sicherheit. Hier deckt Exchange Online Protection nicht immer den kompletten Bedarf des Kunden.

Nicht zuletzt das Change- und Release-Management: Microsoft veröffentlicht zwar regelmäßig Release-Pläne für seine neuen Anwendungen und Features – aber auch für das Abschalten auslaufender Services. Dies muss eine Unternehmens-IT dauerhaft im Blick behalten und gegenüber den Anwendern kommunizieren. Sonst kann es passieren, dass Nutzer von einem Tag auf den anderen eine benötigte Schaltfläche nicht mehr finden oder plötzlich ganze Anwendungen oder benötigte Funktionen stillgelegt sind, ohne dass Alternativen vorbereitet sind.

So rücken die interne IT beziehungsweise die beauftragten IT-Dienstleister noch näher an das Business. Für interne IT-Mitarbeiter ist der beschriebene Wandel natürlich schwierig. Bislang hatten sie in der Regel eine feste Aufgabe, wie zum Beispiel Hardware-Ressourcen bereitzustellen und diese performant und lauffähig zu halten. Heute hingegen wenden sich Fachbereiche mit anderen Fragen an ihre IT, zum Beispiel: Wie lassen sich Produktentwicklungszeiten verkürzen?

 

Neue Rollen in der IT

Da ein solcher Rollenwandel starke Beharrungskräfte im Unternehmen auf den Plan ruft, beruhigt es erfahrungsgemäß die Lage, wenn Externe diesen Veränderungsprozess moderieren und begleiten. Als unabhängige Dritte sind sie eher in der Lage, alte Denkmuster aufzubrechen und den notwendigen Wandel in Bewegung zu setzen.

Insgesamt kristallisiert sich so eine neue Arbeitsteilung heraus: Während der IT-Betrieb immer mehr in die Public Cloud der großen Hyperscaler wandert, eröffnet sich vor allem kleineren und mittelgroßen IT-Providern die Chance, sich auf bestimmte Kundensegmente oder -herausforderungen zu spezialisieren und die individuellen Probleme der Kunden zu lösen – zum Beispiel bei der Integration der Cloud-Welt in die weiterhin bestehenden Altsystemen, die in Colocation-Rechenzentren weiter laufen.

 

Das Heft in der Hand behalten

Gerade der deutsche Mittelstand ist zu individuell aufgestellt, als dass sich das ganze Geschäft über die Standards der Public Cloud abbilden ließe. Generell jedoch ist die Richtung eindeutig: Office 365 ist nur das prominenteste Beispiel für eine übergreifende Bewegung hin zur Cloud. Zumal diese Cloudifizierung des Geschäfts eine Modernisierung der IT-Technologien im deutschen Mittelstand befördert – vor allem wenn dieser auch bestehende Anwendungen iterativ in die Cloud überführt. Die damit verbundene Skalierung, das Ressourcen-Pooling und das Bezahlen nach Bedarf („Pay as you go“) führen einerseits zu Kostensenkungen. Andererseits sind die Unternehmen in der Lage, ihre Umsätze zu erhöhen. Denn dank der dann modernen Entwicklungs- und Anwendungslandschaft können sie auf Marktänderungen schneller reagieren und dadurch neue Kunden gewinnen.

Hinzu kommt: Haben sich ein Unternehmen und seine IT erst einmal mit der Cloud-Welt vertraut gemacht und zum Beispiel auch den Nutzen von Microservices verstanden, können sie die Abhängigkeit von Microsoft & Co. auch wieder senken – indem es mithilfe der angebotenen Microservices eigene Lösungen aufbaut und dafür keinen dedizierten Software-Anbieter mehr braucht.

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