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Publiziert am 20. März 2012 von unter:

IT-Branche warnt vor Ungleichgewicht der Strompreise

Ist vom IT-Standort Deutschland die Rede, denkt man zunächst immer an den Fachkräftemangel als das Problem Nummer Eins. Doch es droht auch Ungemach von ganz anderer Seite: Das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) und die vergleichsweise hohen Strompreise drohen den IT-Aufschwung in Deutschland mitten im Boom abzuwürgen. Rechenzentren lassen sich nur sehr kostenintensiv betreiben. Dabei ist gerade der Standort Deutschland in Anbetracht hoher Datenschutzgesetze besonders attraktiv.

Kühlsystem eines Rechenzentrums. Foto: IP Exchange/QSC AG.

Allein das Kühlsystem eines Rechenzentrums braucht viel Strom. Foto: IP Exchange/QSC AG.

Sein neues europäisches Rechenzentrum baut das Milliardenunternehmen Facebook knapp unterhalb des Polarkreises in Norwegen. Das hat vor allem Kostengründe: Bei den dort herrschenden kühlen Temperaturen benötigt man wenig Energie, um die Server auf Betriebstemperatur zu halten. Außerdem ist Norwegen in der glücklichen Lage, Strom relativ günstig und mit hohem Anteil an zuverlässiger Wasserkraft auch noch relativ umweltfreundlich produzieren zu können. Auch das US Unternehmen Google entschied sich für sein neues europäisches Rechenzentrum für ein skandinavisches Land. Im finnischen Hamina ging dort im letzten Herbst eine Anlage in Betrieb, die mit Kühlwasser aus dem nahegelegenen finnischen Meerbusen versorgt wird.

Nur leider sind die geographischen Begebenheiten nicht überall so ideal wie in Skandinavien. Und gerade wenn es um die Einhaltung von strikten Datenschutzvorschriften geht, ist der Standort Deutschland gerade für mittelständische Unternehmen unabdingbar. Im privaten Umfeld lassen viele Nutzer in Sachen Datenschutz noch gerne Fünfe gerade sein, doch im gewerblichen Bereich kann man sich eine laxe Einstellung zur Datensicherheit nicht leisten.

Deutschlands Rechenzentren boomen

Rechenzentrum von Innen. Foto: IP Exchange/QSC AG.

Im Rechenzentrum bei IP Exchange in Nürnberg: Trotz hohem Strombedarf ist der Serverbetrieb wirtschaftlicher und ökologisch sinnvoller, als dezentral im "Eigenbau". Foto: IP Exchange/QSC AG.

Gerade in Zeiten, in denen immer mehr IT-Services aus Effizienz- und Kostengründen in die „Cloud“, also in ein Rechenzentrum, ausgelagert werden, muss man sich auf Datensicherheit verlassen können. Denn wer in Deutschland produziert, der möchte seine Daten nur ungerne im fernen Ausland gespeichert wissen, ohne einen Einblick darüber, wer alles und durch welche Gesetzgebung mal eben so einen Blick in Firmeninterna werfen darf.

Fakt ist: Obwohl es ökologisch sinnvoller ist, die Server vieler Unternehmen zentral in einem Rechenzentrum zu betreiben, als individuell „im eigenen Keller“: Rechenzentren verschlingen nunmal Unmengen von Strom. Nicht nur für den Betrieb der installierten Rechnersysteme selbst, sondern vor allem, um die dabei entstehenden Temperaturen durch Klimaanlagen niedrig zu halten. Wärme ist für Server- und Netzwerksysteme Gift. Jeder private Computernutzer kennt das Problem: Ist es im Sommer zu warm im Arbeitszimmer, dann überhitzen nicht ausreichend gekühlte Computer und stürzen ab.

Fakt ist auch: Deutschland ist europäisch ganz weit vorne, wenn es um die Strompreise geht. So schreibt die Wirtschaftswoche im Januar 2012:

Mittelgroße deutsche Firmen mit einem Jahresstromverbrauch von fünf Millionen Kilowattstunden (kWh) zahlen 14,54 Cent je kWh, britische Konkurrenten nur 9,49 Cent. In Frankreich sind es nur 7,28 Cent. Quelle: wiwo online

Den Löwenanteil der staatlichen Verteuerung trägt dabei das Erneuerbare Energien Gesetz (EGG), auch Ökostromförderung genannt. Das EEG garantiert den Erzeugern erneuerbarer Energien wie Wind- oder Solarstrom feste Mindestverkaufspreise. Ungeachtet des eigentlichen Bedarfs müssen Betreiber öffentlicher Stromnetze diesen Strom zu einem festgelegten Mindestpreis abnehmen. Betrug die EEG-Umlage im Jahr 2003 noch 0,41 Cent pro Kilowattstunde, ist die Umlage 2012 mit 3,59 ct/kWh in neun Jahren um fast das Neunfache angestiegen. Darüber freuen sich in erster Linie natürlich die Erzeuger regenerativer Energien, die durch diese Subvention in den vergangenen Jahren einen ungeahnten Boom erlebt haben. Ohne diese Subvention würde auch so manches Geschäftsmodell ins Wanken geraten.

Doch andere Industriezweige und auch Privathaushalte leiden zunehmend unter den immer stärker steigenden Stromkosten, die im europäischen Vergleich mittlerweile zu einem erheblichen Wettbewerbsnachteil führen. So rechnete die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände unlängst vor: Alle Endverbraucher zahlten im letzten Jahr rund 76 Milliarden Euro für Strom, die Mehrwertsteuer nicht mit eingerechnet. Rund ein Drittel, also 25 Milliarden Euro davon sind staatliche Abgaben beispielsweise für das EEG, die Kraft-Wärmekopplungs-Umlage (KWK) oder die Stromsteuer.

Zwar gibt es Ausnahmeregelungen, doch von einer EEG-Befreiung profitieren in Deutschland nur knapp drei Prozent der Industrieunernehmen.

IT-Dienstleister beklagen hohe Strompreise

Podiumsdiskussion zum Thema "Wachstumsbremse Energiekosten? Rechenzentren im europäischen Wettbewerb" am 13.03. bei Interxion, Frankfurt. Links: Hans-Joachim Otto (MdB), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie und Reinhard Fröhlich, Geschäftsführer der IHK Frankfurt. Foto: Dennis Knake/QSC AG

Will sich für Betreiber von Rechenzentren einsetzen: Hans-Joachim Otto (l.), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, bei einer Podiumsdiskussion zum Thema "Wachstumsbremse Energiekosten? Rechenzentren im europäischen Wettbewerb" am 13. März bei Interxion in Frankfurt. Foto: Dennis Knake/QSC AG

Während einer Podiumsdiskussion am 13. März in den Räumen des Rechenzentrumsbetreibers Interxion in Frankfurt schilderte Hans-Jochim Otto (MdB), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, das Problem: Nur produzierendes Gewerbe und der Schienenverkehr habe derzeit das Recht, sich von der EEG-Umlage befreien zu lassen.

„Die Vor-Vorgängeregierung hat bei der Einführung des EEG Rechenzentrumsbetreiber nicht auf dem Schirm gehabt“, bemerkte Otto, versichterte aber zugleich, dass man das Problem mittlerweile erkannt habe. Er werde sich in seinem Ministerium für die Branche einsetzen. Allerdings betonte Otte auch, dass eine Befreiung der EEG-Umlage nicht ohne die Erfüllung bestimmter Vorraussetzungen erfolgen könne. So müssten die Energiekosten eines Unternehmens rund 14 Prozent der Bruttowertschöpfung ausmachen.

Peter Knapp, Geschäftsführer der Interxion GmbH, zeigte sich während der Diskussion erfreut, dass Rechenzentrumsbetreiber nun überhaupt erstmal auf dem „Radar“ der Politik angekommen sind und unterstrich, dass man im Grunde genauso wie das produzierende Gewerbe zu behandeln sei. „Rechenzentren sind weitaus effektiver, als die Technik ‚im eigenen Keller‘ zu betreiben“. Gerne sei man als Industrie bereit, Effizienzmaßnahmen nachzuweisen, da es auch Interxion nicht um eine „platte Befreiung“ aus der EEG-Umlage gehe.

EEG-Umlage darf nicht weiter steigen

So ist es denn auch nicht verwunderlich, dass immer mehr Unternehmen ihre Rechenzentren ins viel günstigere Ausland verlagern. Weit hat man es dabei nicht: Schon nebenan in Frankreich oder den Niederlanden ist Strom 40 bis 50 Prozent günstiger zu haben.

„Die Verlagerungswirkung ist größer als beim produzierenden Gewerbe“, mahnte Otto. Als Beispiel nannte er den Internetanbieter 1&1, der sein neues Rechenzentrum im französischen Straßburg, nahe der deutschen Grenze baut.

Für Otto sei es wichtig, die EEG-Umlage stabil zu halten um die große Diskrepanz der Strompreise zu den Nachbarländern nicht noch zu verschärfen. Zwar nahm er den anwesenden Zuhörern die Hoffnung, dass die Umlage in naher Zukunft sinken könne, er erhoffe sich aber eine Abmilderung des Effekts, wenn die Nachbarländer ihrerseits beginnen müssten, ihre Kraftwerke und Netze zu modernisieren. Dann dürften auch dort die Preise für Strom anziehen.

Also abwarten, bis die Strompreise andernorts auch steigen? Vielleicht kommt es gar nicht so. Nach Ansicht des Telekommunikationsverbands VATM verschärft zum Beispiel der Handel mit CO-Zertifikaten die Situation in Deutschland, zugunsten der Nachbarländer:

Der Ersatz von konventionellen Erzeugungskapazitäten durch erneuerbare Energien führt in Deutschland zu einer sinkenden Nachfrage nach CO2-Zertifikaten. Diese können und werden durch ausländische Erzeuger zu geringeren Preisen gekauft und verringern in unseren europäischen Nachbarländern nochmals die Erzeugungskosten für konventionelle Elektrizität. Quelle: VATM

Thorsten Grosse, Vorstand und Technischer Direktor der IP Partner AG.

Thorsten Grosse, Geschäftsführer der IP Exchange in Nürnberg, sieht derzeit nur den Weg der Effizienzsteigerung.

Im Gegensatz zur Politik geht der VATM nach eigenen Worten nicht davon aus, dass die Stromkosten in den übrigen EU-Mitgliedsstaaaten in einem zu Deutschland vergleichbaren Umfang steigen werden.

„In Anbetracht der seit Jahren gestiegenen Abgaben und der noch zu erwartenden Steigerungen der Abgaben auf Strom“, sieht Thorsten Grosse, Geschäftsführer des QSC Rechenzentrumsbetreibers IP Exchange aus Nürnberg, „derzeit nur noch der Weg, die Energieeffizienz in Rechenzentren permanent zu verbessern um so das Auseinanderklaffen der Kosten je kWh IT-Strom im Vergleich zu den günstigeren Nachbarländern einzudämmen.“

Doch auf Dauer ist das für Grosse keine zufriedenstellende Lösung: „Diese Maßnahmen können den Wettbewerbsanachteil nur kurz- bzw mittelfirstig abfedern und nicht auffangen.“

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