Das neue TKG: Des einen Freud, des anderen Leid (I) – Mindestqualität
Das neue Telekommunikationsgesetz (TKG) tritt aufgrund des unvorhergesehenen Bundespräsidentenwechsels mit einiger Verspätung in Kraft. Hat man die Stimmen in der Presse und die aus den Unternehmen etwas verfolgt, konnte man tatsächlich den Eindruck gewinnen, die Überschrift sei Realität. So freuen sich Verbraucherschutzverbände über die umfangreichen Verbesserungen bei den Kundenschutzvorschriften, manche Unternehmen klagen hingegen über die ihnen umfangreich auferlegten Verpflichtungen. Heute startet in unserem Blog eine vierteilige Reihe zum neuen TKG, mit der wir Licht ins Dunkel bringen und die Neuerungen von allen Seiten beleuchten wollen.
Teil I: Die Mindestqualität
Viele Internetanschlussinhaber kennen dieses Problem: Sie haben einen DSL-Anschluss 6000, die tatsächliche Downloadgeschwindigkeit liegt aber nur bei 3000 kbit/s.
Bisher geben die Internetanbieter grundsätzlich die maximale Datenrate an. Sie weisen aber selbstverständlich darauf hin, dass diese Geschwindigkeit aufgrund verschiedener Umstände, beispielsweise wegen der Leitungslänge oder aufgrund des Datenverkehrsaufkommens im Umkreis nicht immer erreicht werden kann.
Das Resultat: Die im Vertrag angegebene und die dann tatsächliche erreichte Übertragungsgeschwindigkeit weichen manchmal voneinander ab, was auf Seiten der Kunden zu Verunsicherung oder Unzufriedenheit führen kann.
Um dem entgegenzutreten, enthält das neue TKG die Regelung, dass Anschlussanbieter im Vertrag Angaben zur Mindestqualität – das heißt zur tatsächlich mindestens erreichbaren Geschwindigkeit – machen müssen. Somit weiß der Kunde, welche Leistung er immer mindestens zur Verfügung hat und kann sich bei der Wahl an der für ihn richtigen Internetleistung orientieren. Für die Internetanbieter bringt diese Angabe, soweit sie eine hohe Mindestqualität garantieren können, natürlich auch Wettbewerbsvorteile. Somit scheint auf den ersten Blick allen Seiten gedient zu sein.
Glaskugel Leitungsqualität
In der Tat ist es aber gar nicht so einfach, die tatsächlich erreichbare Geschwindigkeit für einen speziellen Anschluss zu bestimmen. So wird diese durch zahlreiche externe Umstände wie der Witterung oder auch der Internetnutzung in der Nachbarschaft – wenn hier Leitungsabschnitte durch mehrere Teilnehmer benutzt werden – beeinflusst. Diese Umstände und ihre konkreten Folgen auf die Übertragungsgeschwindigkeit können von den Internetanbietern naturgemäß nicht vorausgesehen und somit auch nicht in die Ermittlung der realisierbaren Geschwindigkeit einbezogen werden. Auch die Hard- und Software des Kunden können die Leistung beeinflussen und somit zu einem abweichenden Ergebnis führen.
Der entscheidende Faktor zur Geschwindigkeitsbestimmung ist jedoch die Leitungslänge vom nächsten Hauptverteiler bis zum Hausanschluss. Je länger die Leitung ist, desto geringer ist die Übertragungsgeschwindigkeit, die erzielt werden kann. Selbst der Durchmesser des verlegten Kabels spielt eine Rolle und ist nicht überall einheitlich. Bei der für den Internetanschluss nötigen Leitung handelt es sich in den meisten Fällen um die so genannte Teilnehmeranschlussleitung (TAL), die von der Deutschen Telekom den anderen Internetanbietern vermietet wird. Die Telekom allein verfügt auch über die Information über die Leitungslänge.
Alternativen Anbietern fehlen wichtige Informationen
Leider ist es den Anbietern bisher nicht möglich, die Leitungslänge auf einfachem Wege zu erfragen. Das diese Informationen enthaltende „TAL-Tool“ der Telekom ist für Massenanfragen, wie sie durch die neue gesetzliche Regelung nun zu erwarten sind, nicht geeignet. Somit hat die Telekom hier einen eindeutigen Wettbewerbsvorteil, da nur sie diese Angaben stets parat hat und entsprechend für ihre Angebote die Mindestqualität (abgesehen von äußeren Einflüssen) berechnen kann.
Um diesen Unwägbarkeiten vorzubeugen und keine Falschangaben zu machen, dürften die Internetanbieter eigentlich nur eine minimale Übertragungsrate angeben, die auf jeden Fall erreicht werden kann. Dies könnte aber eher zu einer Verunsicherung und Abschreckung der Kunden führen, da diese davon ausgehen könnten, dass die Mindestqualität auch der tatsächlich durchschnittlichen Leistung ihres Anschlusses entspräche.
Dies zeigt, dass die neue Vorschrift zur Angabe der Mindestqualität durchaus gut gemeint ist, ihren Zweck aber nicht erfüllen kann, weil die Mindestgeschwindigkeit von zu vielen unsicheren Faktoren abhängt, sich ständig verändert und damit eine theoretische Größe ist, die mehr für Verwirrung sorgt statt für Aufklärung.
Lesen Sie in dieser Serie:
Teil I: Mindestqualität
Teil II: Anbieterwechsel
Teil III: Preisansage
Teil IV: Warteschleife