QSC ist jetzt q.beyond. Weitere Infos in unserer Pressemitteilung.
Publiziert am 21. Oktober 2015 von unter: ,

Vorratsdatenspeicherung: Wie geht es jetzt weiter?

Die Vorratsdatenspeicherung ist zurück. Vorläufig zumindest. Am vergangenen Freitag stimmte der Bundestag mit 404 Ja-Stimmen für die Wiedereinführung der nun „Speicherpflicht und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten“ genannten Datenerhebung. Aber was bedeutet das nun für Bürger und Provider? Wann tritt das Gesetz in Kraft? Wann beginnt die Vorratsdatenspeicherung? Wir geben Antworten auf Detailfragen.

Am 16. Oktober 2015 stimmte der Bundestag mit 404 Ja-Stimmen für die neue Version der Vorratsdtenspeicherung. Foto: Archivibild (c) Deutscher Bundestag / Thomas Trutsche/photothek.net

Am 16. Oktober 2015 stimmte der Bundestag mit 404 Ja-Stimmen für die neue Version der Vorratsdatenspeicherung. Foto: Archivibild. (c) Deutscher Bundestag, Thomas Trutschel/photothek.net

Kommen wir zunächst zu den Eckdaten der neuen Vorratsdatenspeicherung.

Wann tritt das neue Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung in Kraft?
Voraussichtlich Anfang November: Der Bundesrat muss diesem Gesetz nicht zustimmen. Es tritt in Kraft, sobald der Bundespräsident das neue Gesetz unterschrieben hat und es im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde.

Fangen die Provider dann sofort mit der Vorratsdatenspeicherung an?
Nein. Das Gesetz sieht eine Umsetzungsfrist von 18 Monaten vor. Dabei hat die Bundesnetzagentur zunächst zwölf Monate ab Stichtag Zeit, den Providern detaillierte Auflagen zur Speicherung mitzuteilen. Etwa, was die Parameter der Verschlüsselung angeht. Den Providern werden dann sechs weitere Monate eingeräumt, die von der BNetzA gestellten Anforderungen zur Speicherung auch technisch umzusetzen. Erst dann, also frühestens im Mai 2017, ist die Vorratsdatenspeicherung verpflichtend.

Was bedeutet die Datensammlung für den Bürger?
Künftig werden die Provider verpflichtet, folgende Daten zu speichern:

  • Rufnummer, Zeit und Dauer aller geführten Telefonate beziehungsweise Sende– und Empfangszeiten aller SMS-Nachrichten müssen für zehn Wochen gespeichert werden. Bei mobilen Gesprächen zudem die Standortdaten der Teilnehmer für vier Wochen. Auch erfolglose Kontaktversuche werden gespeichert.
  • Bei der Internetnutzung werden zudem die zugewiesenen IP-Adressen sowie die Zeit und Dauer der Internetverbindung für zehn Wochen gespeichert. Außerdem sind bei mobiler Nutzung die Standortdaten zu Beginn der Internetverbindung für vier Wochen zu speichern.

Die Provider sind verpflichtet, diese Daten im Inland zu sichern und auf richterliche Anordnung den Ermittlungsbehörden auszuhändigen.

Was wird nicht gespeichert?
Die Gesprächsinhalte der Telefonate sowie die besuchten Internetseiten oder Inhalte von E-Mails sind nicht Bestandteil der Vorratsdatenspeicherung. In der früheren Version der Vorratsdatenspeicherung war noch vorgesehen, dass die Provider auch die Verkehrsdaten, also das Versand- und Empfangsdatum sowie die IP-Adressen von Absender und Empfänger von E-Mails, speichern sollten. Dieses Zugeständnis der Politik soll das Bundesverfassungsgericht besänftigen, das die damalige Version des Gesetzes für nichtig erklärt hatte.

Auch der Inhalt von Kurznachrichten (SMS) ist offiziell nicht Bestandteil der Vorratsdatenspeicherung. Allerdings gibt es hier ein Problem: Anders als bei einer E-Mail oder einer Textnachricht (beispielsweise via Whatsapp) funktioniert der Versand einer SMS technisch ganz anders: Hier werden die Verkehrsdaten offenbar in demselben Datencontainer wie der Textinhalt gespeichert. Die Mobilfunkprovider können derzeit die Verkehrsdaten gar nicht erheben, ohne gleichzeitig auch den Inhalt der Nachricht mit zu speichern. Mittlerweile widersprechen einige Anbieter allerdings dieser Behauptung.

Kann auch alles ganz anders kommen?
Natürlich. Etwa dann, wenn irgend jemand gegen die Vorratsdatenspeicherung  Verfassungsklage einreicht. Davon ist auszugehen. Ob die Vorratsdatenspeicherung in ihrer nun beschlossenen Form dann diesmal vor dem Bundesverfassungsgericht standhält, bleibt abzuwarten.

Ob und in welcher Form QSC klagen kann oder wird, überprüfen unsere Juristen derzeit. Im Januar 2009 hatte sich QSC erfolgreich vor dem Verwaltungsgericht Berlin gegen die Übertragung der Kosten für die Vorratsdatenspeicherung auf die Unternehmen durchgesetzt. Im Dezember 2009 kassierte das Oberverwaltungsgericht Berlin diese Entscheidung jedoch wieder. Im Frühjahr 2010 stellte dann das Bundesverfassungsgericht fest, dass die Vorratsdatenspeicherung in ihrer damaligen Form nicht verfassungsgemäß war.

Welche Kosten kommen auf die Provider für die Umsetzung zu?
Wie auch schon 2007 werden die Anbieter abermals die Kosten für die Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung tragen müssen. Eine genaue Bezifferung ist Stand heute nicht wirklich einzuschätzen.

Schon zuvor haben die Unternehmen viel Geld investieren müssen, um die technischen Voraussetzungen für eine Datenspeicherung zu schaffen, die am Ende nicht umgesetzt wurde. Die damals eingeführte Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung führte nach Angaben des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (BITKOM) allein bei seinen eigenen Mitgliedern zu Investitionen in Höhe von rund 75 Millionen Euro. Hinzu kamen jährliche Betriebskosten in zweistelliger Millionenhöhe. Der Verband der deutschen Internetwirtschaft e. V. (eco) bezifferte die Kosten bei der Vorratsdatenspeicherung in der ursprünglich von der Europäischen Union vorgegebenen Form bei mehr als 300 Millionen Euro.

Da das Bundesverfassungsgericht die Messlatte für eine konforme Vorratsdatenspeicherung sehr hoch gelegt hat, gehen erste Schätzungen bereits vom Vielfachen der damaligen Kosten aus.

Was zahlt der Bürger?
Der Bürger wird die Vorratsdatenspeicherung mit seinen Steuern und vermutlich auch angepassten Telekommunikationskosten tragen müssen. Die Vorratsdatenspeicherung verursacht nämlich auch auf Verwaltungsseite erhebliche Kosten. Der Aufwand, der für die Übermittlung von Verkehrsdaten und die Auskunftserteilung über Bestandsdaten entsteht, wird den Providern aus der Staatskasse erstattet. Auch der Kontrollaufwand zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben ist nicht zu unterschätzen und dürfte bei den Behörden zu erhöhtem Personalbedarf führen.

Allein bei der Bundesnetzagentur wäre mit 2,9 Millionen Euro zusätzlich allein bei den Personalkosten zu rechnen, wie bereits im Gesetzentwurf der Koalition zur Vorratsdatenspeicherung vom Juni zu lesen war. Weiter heißt es dort: „Mehraufwand entsteht auch bei der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sowie beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik. […] Durch die Einführung eines neuen Straftatbestands der Datenhehlerei (§ 202d StGB-E) können zudem den Landeshaushalten Verfahrens- und Vollzugskosten entstehen, deren genaue Höhe sich nicht näher beziffern lässt.

Und wenn die Vorratsdatenspeicherung wieder gekippt wird?
Dann war das zumindest für Bürger und Provider erneut ein teures und unnötiges Abenteuer.

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