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Publiziert am 25. Juli 2016 von unter: ,

Entschleunigung im digitalen Zeitalter! Ein Zwischenruf

Die Digitalisierung nervt. Ja, sie führt sogar zu Wutausbrüchen wie zuletzt von Hans Magnus Enzensberger, der die gesamte IT-Branche als Betrüger und Scharlatane – quasi als Akteure einer großen Verschwörung – an den Pranger stellte. Eine Replik dazu, in der Wirrungen und Fehlschlüsse in Enzensbergers Polemik gegen „Bitkom, Bitcoin und Blockchain“ aufgezeigt wurden, kann auf SPIEGEL ONLINE nachgelesen werden. Ihr ist wenig hinzuzufügen.

 

Trotz Polemik: Unbehagen ernst nehmen

Doch auch wenn Enzensbergers Argumentation nicht logisch stringent ist, sollten IT-Anbieter das darin geäußerte Unbehagen ernst nehmen. Denn immer mehr Menschen – und dazu zählen auch die IT-Entscheider in den Unternehmen! – fühlen sich von der Geschwindigkeit der Entwicklung im digitalen Zeitalter überfordert. Sie werden täglich mit neuen Technologien, Fachbegriffen und Marketingversprechen konfrontiert. Und wenn die Protagonisten der Entwicklung mit immer neuen Marketing-Slogans die nächste Revolution verkünden oder im Versi­che­rungs­vertreter-Jargon das „digitale Armageddon“ prophezeien, verstärken sie dieses Unbehagen noch.

Besser wäre es, in eine sachliche Aufklärung zu investieren. So sind der Cloud- und Digitalisierungs-Trend eben keine neuen Wundertüten der IT-Branche, sondern einfach nur weitere Meilensteine in der technischen Entwicklung. Wie schon bei der Erfindung von Dampfmaschine oder Automobil setzen diese Entwicklungen neue Produktivkräfte frei, ermöglichen Innovationen und sorgen so – frei nach Schumpeter – auch für „kreative Zerstörung“. Dass die Geschwindigkeit des technischen Fortschritts enorm zugenommen hat, ist nicht von der Hand zu weisen. Der Wunsch, einfach mal durchzuatmen und zu entschleunigen, ist nur allzu verständlich.

 

Nüchtern urteilt sich’s klarer über die Digitalisierung

Nur helfen Wutausbrüche den Unternehmenslenkern nicht weiter. Entschleunigung lässt sich nicht erreichen, indem man den technischen Fortschritt verdammt und anschließend den Kopf in den Sand steckt. Besser ist es, sich nüchtern mit den Chancen und Risiken auseinanderzusetzen, die Technologien bestmöglich zum eigenen Vorteil einzusetzen sowie die Effizienz- und Zeitgewinne für die Entschleunigung zu nutzen.

So bietet die Digitalisierung für die Unternehmen hierzulande durchaus zahlreiche neue Möglichkeiten, die Effizienz zu steigern und sich mit innovativen Services im Wettbewerb zu differenzieren. Dies bestätigt nicht zuletzt die umfassende Sammlung an Fallbeispielen, die PAC in Form eines „Innovation Register“ erstellte und laufend erweitert. Auch die „Cloud“ ist keine Scharlatanerie, sondern bietet die Chance, IT-Anwendungen hocheffizient, aus einer sicheren Umgebung heraus über das Internet bereitzustellen. Wer dies bezweifelt, der möge künftig auch die elektrische Energie wieder im eigenen Unternehmen erzeugen.

Klar ist aber auch: Die Digitalisierung birgt – wie jeder technische Fortschritt – Risiken, die adressiert werden müs­sen. Wer datenbasierte Geschäftsmodelle umsetzen will, muss auch die Sicherheit und Verfügbarkeit der Daten gewährleisten können. Und wie jede Entwicklung bringt die Digitalisierung eine Menge „schwarzer Schafe“ hervor, die identifiziert und ausgelesen werden müssen.

 

Strategien des Industriezeitalters überfordert

Sich auf den technischen Fortschritt einzulassen, erfordert schließlich auch, die bisherigen Steuerungssysteme, Organisations- und Ablaufstrukturen bis hin zur Personalführung auf den Prüfstand zu stellen. Das Gefühl der Überforderungen entsteht, wenn wir einerseits immer mehr digitale Technologien nutzen, andererseits aber immer noch wie im Industriezeitalter planen, organisieren und Mitarbeiter führen. Dies gilt für Privatpersonen ebenso wie für Unternehmen bis hin zur Politik.

So fühlen sich die meisten Mitarbeiter der Generation „E-Mail“ bei dem Versuch überfordert, die Flut an Informationen aus den verschiedenen digitalen Kanälen in gewohnter Weise systematisch abzuarbeiten. Besser wäre es, den eigenen Kindern bei der Bearbeitung der Hausaufgaben oder beim Austausch mit Freunden über die Schultern zu schauen. Mit Blick auf die effektive Informationsbearbeitung im digitalen Zeitalter lässt sich hier viel lernen.

 

Das Ende des großen Plans?

Ähnlich verhält es sich mit der Organisation der Unternehmen: Hierarchische, siloartig gleichsam wie Maschinen aufgebaute Unternehmen waren Garanten der Wettbewerbsfähigkeit im Industriezeitalter. Im Zeitalter der Digitali­sie­rung wirken solche Strukturen kontraproduktiv. Gleiches gilt für traditionelle Planungs- und Steuerungsmechanismen. Denn im digitalen Zeitalter steigt nicht nur die Veränderungsdynamik rasant an, sondern auch die Komplexität. Der große Plan als Managementmethode funktioniert in diesem Umfeld nicht mehr.

Hier kann und sollte man von digitalen Disruptoren lernen, wie man besser den steigenden Anforderungen mit Blick auf Agilität, Innovationsfähigkeit und Kundenzentrierung begegnet.

Schlussendlich muss auch die Politik hinterfragen, ob steuer-, ordnungs- und umverteilungspolitische Regeln und Maß­nahmen im digitalen Zeitalter noch greifen. Der Breitbandausbau ist dringend notwendig, die digitale Agenda der Politik sollte – nein, muss! – deutlich weiter reichen.

 

Weniger Tempo, weniger Wut

Kurzum: Das beste Rezept gegen das Gefühl der Überforderung und für mehr Entschleunigung ist es, sich auf den technischen Fortschritt einzulassen, Chancen und Risiken nüchtern zu analysieren sowie die notwendigen Change-Maßnahmen vorzunehmen. Wutausbrüche helfen nur wenig – außer vielleicht, wenn man sich ins Gespräch bringen möchte.

 

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf Digitales-Wirtschaftswunder.de, dem Themenblog der QSC AG

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