Die Zukunft der Arbeit: Mensch gegen Maschine
Übernimmt Kollege Roboter bald auch Ihren Job? Welche Chancen hat der Mensch im Wettbewerb mit dem Algorithmus? Über die Zukunft der Arbeit wird derzeit heftig diskutiert. Wir wollten wissen: Gibt‘s auf die vielen Fragen erste Antworten?
Sprechen Sie 20 Sprachen fließend? Der Roboter Pepper schon. Die 1,20 m große Plastikfigur, ein Geschöpf des französischen Unternehmens Aldebaran Robotics SAS und des japanischen Telekommunikations- und Medienkonzerns SoftBank Mobile Corp., sieht aus wie ein geschrumpftes Michelin-Männchen. Aber hat es in sich: In Japan verkauft der Roboter seit geraumer Zeit Kaffeekapseln, jetzt soll der Assistenzroboter auch nach Europa kommen und zum Beispiel beim Einchecken auf Kreuzfahrtschiffen helfen oder in Mega-Supermärkten dem Kunden erklären, wo der die Spaghetti findet. Noch liegt die Betonung auf Assistenz – aber vielleicht kommen Pepper und seine Algorithmus-Brüder und -Schwestern schon bald ganz ohne menschliche Kollegen aus?
Das ist Zukunftsmusik. Doch ob Produktion oder Dienstleistung, Automobil- oder Chemiebranche, ob Einzelhandel oder Gesundheitssektor, ob Großkonzern oder Mittelständler: Die Digitalisierung verändert unser bisheriges Verständnis von Arbeit massiv. Denn die Digitalisierung und ihre Folgen haben längst eine intensive gesellschaftspolitische Debatte ausgelöst. Befeuert von Stichworten wie dem Internet der Dinge, Big Data oder der Cloud, stellen sich viele Fragen, auf die wir Antworten finden müssen: Welche Art von Arbeit wird kurz-, mittel- und langfristig von Robotern und Maschinen übernommen? Welche Branchen sind schneller, welche später, welche gegebenenfalls gar nicht von dem Wandel betroffen? Welche Qualifikationen benötigen Menschen, um gegenüber Robotern und Algorithmen konkurrenzfähig zu bleiben? Geht es zwischen Menschen und Robotern nur um Verdrängung oder auch um Ergänzung und Teamarbeit? Klar ist: Stellen muss sich dem Veränderungsprozess jedes Unternehmen und jeder Mitarbeiter, weil dieser Wandel kein Arbeitsverhältnis, keinen Arbeitsplatz unberührt lassen wird. Interne Hierarchien verlieren schon jetzt an Bedeutung, viele Menschen werden künftig noch stärker selbst entscheiden können, wo und wann sie arbeiten möchten.
Ziemlich sicher lässt sich vorhersagen, dass die Arbeit heterogener wird. Die wenigsten Beschäftigten dürften auch in Zukunft ihr ganzes Erwerbsleben lang einen klar definierten Job ausüben. Vielleicht sind Sie persönlich ja heute schon als Crowdworker tätig und mit Ihren Kompetenzen so gefragt, dass Sie sich immer wieder an flexiblen Projekten beteiligen und mit Unternehmenskollegen, festen Mitarbeitern und freien Experten virtuelle Teams bilden. Man muss kein Hellseher sein, um zu prognostizieren, dass Karrieren künftig offener und Biografien vielfältiger werden dürften. Was das alles für Sie bedeutet? Sie müssen anpassungsfähig sein, sich fit in Ihrem Fachgebiet halten und sich zusätzlich eine Technologie-Grundkompetenz aneignen. Und stetig signalisieren: Ich lerne gerne dazu. Mein ganzes Leben lang.
Droht der ewige Feierabend?
Sie fürchten aber, dass Kollege Roboter Sie bald in den ewigen Feierabend schickt? Leider stehen Sie damit nicht allein. Fünf Millionen Stellen könnten in den nächsten fünf Jahren in den klassischen Industrieländern wegfallen, schätzten Manager beim diesjährigen Weltwirtschaftsforum in Davos. Warum? Weil der Roboter schnell und unschlagbar billig ist. Anders als wir nie Urlaub macht oder krank wird. Auch wenn wir das Ausmaß heute noch nicht kennen, können wir davon ausgehen, dass viele Berufe verschwinden werden, einfache genauso wie anspruchsvolle Tätigkeiten. Was das für unsere Sozialsysteme bedeutet, ist noch ungewiss. Post-Chef Frank Appel schlägt daher zum Beispiel eine Robotersteuer vor, mit der künftig staatliche Aufgaben finanziert werden könnten.
Aber ist es denn tatsächlich schon ausgemacht, dass wir die Opfer von Algorithmen werden? Vermutlich nicht, wie der Blick in die Geschichte lehrt. „Die Sorge, dass Arbeitsplätze vernichtet werden, gab es ja schon bei der Einführung der Dampfmaschine oder der Computer, aber es sind doch immer neue Jobs entstanden“, sagt Friedrich Heinemann, Steuerexperte am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim in einem „Zeit“-Interview. Tatsächlich haben alle technologischen Entwicklungen der Vergangenheit unseren Lebensstandard verbessert und zu mehr Wohlstand geführt. Ausgerechnet Länder mit einer hoch entwickelten und hoch technisierten Wirtschaftsstruktur, wie Deutschland, die USA, Japan oder die Schweiz, glänzen mit guten Beschäftigungszahlen.
Technologie-Kompetenz unverzichtbar
Wie aber können Menschen ihre Position im Wettlauf mit dem Algorithmus stärken? Vor allem mit guter Aus- und permanenter Fortbildung. Erik Brynjolfsson, Wissenschaftler am MIT, ermuntert in einem Interview mit der „Zeit“ ohnehin zum kooperativen Verhalten im Wettbewerb mit Kollege Roboter: „Maschinen brillieren in repetitiven Routinearbeiten, Menschen sind kreativ und fähig, persönliche Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen. Gemeinsam sind sie ein unschlagbares Team.“ Und wer wird die Digitalisierung überleben? Natürlich IT-Experten, Ingenieure oder Forscher. Aber auch Menschen, die sich in ihren Jobs um andere kümmern, haben gute Zukunftsaussichten: Sozialarbeiter, Pfleger oder Coaches schaffen mit ihrer Arbeit persönliche Nähe. Etwas, das Maschinen schlicht nicht hinbekommen. In Sachen Kreativität und unternehmerischem Denken sind wir ihnen überlegen – bei der sozialen Kompetenz, dem Einfühlungsvermögen und der Kommunikationsfähigkeit sowieso.
Die Zukunft der Arbeit hat schon begonnen
Wohin die Reise geht, ist also längst noch nicht ausgemacht. Die Frage, ob die Digitalisierung und Kollege Roboter massenweise Arbeitsplätze vernichten oder sich zum Motor neuer, möglicherweise sogar deutlich interessanterer Beschäftigungsverhältnisse entwickeln, werden wir wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren kontrovers diskutieren. Klar ist bislang nur: Das Digitalisierungsrad dreht sich weiter. Die Zukunft der Arbeit hat längst begonnen. Und ob Unternehmen, Angestellte oder Selbstständige: Jeder von uns tut gut daran, Schritt zu halten.
Dieser Artikel erschien ursprünglich auf Digitales-Wirtschaftswunder.de, dem Themenblog der QSC AG