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Resonante Führung in der Praxis: Der Wandel vor dem Wandel

Ein erfolgreicher Wandel setzt ein neues Klima des Miteinanders voraus. Das herkömmliche Change Management, das auf eine Veränderung der Dinge fokussiert, greift hierfür zu kurz. Die Transformation sollte, um nachhaltig wirksam zu sein, bei der Veränderung des Denkens ansetzen.

Bild: © istock.com / Jirsak

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Wenn sich Top-Manager, die sich vorher nicht kannten, nach anderthalb Workshop-Tagen herzlich in die Arme schließen und beflügelt die Heimreise antreten, muss etwas passiert sein. Dieses Szenario erlebte ich zum Abschluss des „Inspiration Day“, veranstaltet von fibonacci & friends, bei dem ich als Analyst hineinschnuppern durfte. Und ja: Auch ich – sonst eher Kopfmensch, der gerne ungestört seinen Gedanken nachgeht – spürte die Resonanz. Sprich: Ich fühlte mich als wirksamer Teil einer Gruppe, die es in der Form zuvor nicht gab – und als solcher pudelwohl.

 

Resonanz ist spürbar

Offensichtlich ist an der „Resonanzfähigkeit als Grundlage einer neuen Führungspraxis“, die ich anlässlich eines Beitrags von Dr. Torsten Breden zu diesem Thema vor einigen Wochen in meiner Kolumne „Zwischenruf im Echoraum“ diskutierte, etwas dran. Doch was genau hat diese Resonanz bei den Teilnehmern bewirkt? Welche Übungen und Arbeitsweisen, die im Workshop angewendet wurden, lassen sich einfach in die Praxis umsetzen, um so aus einer Ansammlung leerer Gesichter wieder ein motiviertes Team zu formen?

Um dies herauszufinden, ließ ich den Workshop gedanklich noch einmal Revue passieren und suchte das Gespräch mit Dr. Torsten Breden. Der studierte Psychologe erläuterte mir, dass die beim Workshop präsentierte Mischung aus kurzen Impulsvorträgen und Übungen, ebenso wie die Gestaltung der Räume und die Auswahl der Musik zwischen den Sessions, auf die Herstellung von Resonanz abziele, um so den Beratungsansatz von fibonacci & friends erfahrbar zu machen.

 

Visionen und moderne Arbeitsumgebungen sind notwendig, aber nicht hinreichend

Dass unser Denkprozess beeinflussbar ist, indem wir auf den Kreislauf aus Imagination, Physiologie, Erfahrung und Glaubenssätzen im menschlichen Denken einwirken, ist nicht gänzlich neu. In eine Artikelreihe zur „Psychologie des digitalen Wandels“ für digitales Wirtschaftswunder mutmaßte ich bereits, dass sich auf diese Weise das sprichwörtliche Beharrungsvermögen von Organisationen aufbrechen lässt. Als Beispiele für mögliche Einflussnahme diskutierte ich die Bedeutung einer Unternehmensvision (das berühmte „Why“) oder die Neugestaltung von Arbeitsumgebungen, die wiederum neue Erfahrungen (Employee Experience) bewirken. Diese Mutmaßung war freilich gewagt, denn damit übertrug ich Erkenntnisse aus der Individualpsychologie quasi 1:1 auf die Organisationspsychologie.

Dass eine klare Vision und Elemente der Arbeitsumgebungen die Erfahrungen der Mitarbeiter positiv beeinflussen und so auch deren Motivation steigern können, halte ich zwar weiter für unbestritten. Unklar blieb jedoch, wie die neuen Erfahrungen zurück auf die Organisation – also auf das Miteinander der Mitarbeiter – wirken können. Und genau dieses Miteinander ist es doch, was ein Unternehmen auszeichnet. Eine wichtige Verbindung fehlte also noch.

 

Resonanz ist essenziell, um Organisationen in Bewegung zu setzen

Heute, nach der Erfahrung des Workshops und der intensiven Auseinandersetzung mit dem Konzept von fibonacci & friends, glaube ich: Der Schlüssel, um mit einer neuen Vision oder der Neugestaltung von Arbeitsumgebungen letztlich effektiv Veränderungen zu bewirken, ist die Resonanz – also ein Klima, in dem sich alle Beteiligten gut aufgehoben und selbstwirksam, quasi als wichtigen Teil einer Gemeinschaft, erleben.

Was aber bedeutet diese Erkenntnis für die Unternehmenspraxis? Die folgende Grafik aus dem Artikel von Dr. Breden zeigt anschaulich, wie die Unternehmensberatung den Resonanzgedanken bei der Begleitung strategischer Transformations-Projekte umsetzt. Die Grundidee: Bevor wir uns an die Veränderung der Dinge machen, müssen wir Resonanz herstellen.

 

 

Change-Programme und agile Methoden scheitern, wenn das Denken unverändert bleibt

Die herkömmliche Umsetzung von Change-Programmen (in der Grafik auf der rechten Seite abgebildet) fokussiert dagegen zumeist auf die Veränderung der Dinge. Sie startet typischerweise mit der Motivation, um im Anschluss Veränderungen zu planen (Exploration) und auszuführen (Aktion). Die Stilmittel solcher Veränderungsinitiativen kennen wir alle nur allzu gut aus dem eigenem Erleben: Dramatische Weckrufe vom Vorstand in puncto Motivation, hippe Innovation-Workshops zur Exploration und idealerweise noch einen Innovations-Index, der die Fortschritte bei der Ausführung belegt.

Das Problem dabei: Die Weckrufe nutzen sich irgendwann ab und nach dem x-ten Change-Projekt in wenigen Jahren verzweifeln selbst professionelle Motivatoren an den desillusionierten Gesichtern der Teilnehmer. Die Planungsphasen sind wiederum vielfach überlagert von politischen Überlegungen und alten Grabenkämpfen zwischen den Fachbereichen bzw. zwischen Mitarbeitern in ihren angestammten Rollen. Um trotz dieser Spannungen dem Willen des Vorstandes nach Veränderung noch irgendwie zu entsprechen, spielen wir Business-Theater und entwerfen irgendwelche Lösungen, von denen letztlich kaum ein Teilnehmer wirklich überzeugt ist. Wieviel Energie dann noch für die Ausführung bleibt bzw. wie solche Projekte dann mit Widerständen umgehen, kann sich jeder selbst ausmalen.

Agile Methoden werden vor diesem Hintergrund zwar gerne als die neuen Heilsbringer gefeiert. Doch wenn diese nach althergebrachten Mustern umgesetzt werden, sind keine besseren Ergebnisse zu erwarten. So enden auch die populären Design-Thinking-Workshops bestenfalls in einer müden Nachmittagsveranstaltung, wenn die Ausgangsbedingungen nicht stimmen. Und das Scheitern von DevOps-Initiativen ist vorprogrammiert, wenn zwischen den Mitarbeitern in Entwicklung und Betrieb keine Resonanz besteht.

Im Kern wissen die meisten Change-Verantwortlichen heute um diese Herausforderung. Das Mantra von der Notwendigkeit, Akzeptanz für die Veränderungen zu gewinnen und die Mitarbeiter beim Transformationsprozess mitzunehmen, ist allgegenwärtig. Nur gelingt dies in der Regel nicht mit der herkömmlichen Überzeugungsarbeit bzw. den berühmten Auf- oder Weckrufen.

 

Ein neues Denken sollte auf drei Ebenen ansetzen

Wie aber lässt sich ein neues Denken entwickeln? Die Impulse und Übungen zu Resonanz, die ich im Workshop kennenlernte, setzen – wie in der Grafik dargestellt – bei drei aufeinander aufbauenden Ebenen an:

  • Persönliche Ebene: Die Veränderung des Denkens setzt voraus, dass sich die Beteiligten im Transformationsprogramm zunächst ihrer eigenen Grundannahmen und Überzeugungen bewusst werden, sowie bereit sind, ihre mentalen Modelle schonungslos zu hinterfragen.
  • Beziehungsebene: Der für die Resonanz so notwendigen Empathie steht im Berufsleben unser antrainiertes und in der Industriegesellschaft durchaus gewolltes Rollen- bzw. Silodenken entgegen. Um im Transformationsprozess gemeinsame Lösungen zu finden, muss es gelingen, diese tradierten Denkmuster abzulegen, Probleme aus der Perspektive anderer zu verstehen und so eine neue Ebene des Austauschs zu finden. Bei fibonacci & friends spricht man in diesem Zusammenhang auch von der Fähigkeit zum „hybriden Denken“ als eine Grundvoraussetzung für resonanzbasierte Führung und Zusammenarbeit.
  • Systemebene: Ziel der Resonanzarbeit auf persönlicher Ebene und in der Beziehung der Mitarbeiter zueinander ist es letztlich, ein System zu schaffen, in dem sich die Beteiligten als Teil eines „größeren Ganzen“ begreifen und quasi blind verstehen – ähnlich wie wir das heute bei Spitzenmannschaften im Mannschaftssport oder bei exzellenten Orchestern beobachten können. Tatsächlich – so erfuhr ich im Workshop – wird heute im Spitzensport oder in der Kultur bereits mit solchen Methoden gearbeitet.

 

Ohne Anschluss an die (Veränderungs-)Praxis verpufft die Wirkung

Wie sich Resonanz auf System- und Beziehungsebene anfühlt, wissen viele Mitarbeiter bereits aus ihrer Erfahrung nach gelungenen Team-Building-Events. Doch leider gehört zu den Erfahrungen im Nachgang solcher Veranstaltungen auch, dass deren Wirkung oft schon nach kurzer Zeit verpufft. Vor diesem Hintergrund darf die Veränderung des Denkens und das Herstellen von Resonanz nicht auf einzelne Workshops beschränkt bleiben. Sie sollte als integraler Bestandteil von Transformationsprozessen im Strategie-, IT-, HR- oder Controlling-Umfeld verstanden werden. So versteht sich fibonacci & friends auch nicht als klassische systemische Beratung, sondern als Strategie- und Organisationsberatung, die das neue Denken als integralen Bestandteil der Beratungstätigkeit implementiert.

Kurzum: Die Veränderung des Denkens und die Veränderung der Dinge müssen ineinander greifen, um eine Transformation erfolgreich zu gestalten. Mehr noch: Die „Resonanzfähigkeit als Grundlage einer neuen Führungspraxis“ beschränkt sich nicht auf die Umsetzung dedizierter Transformationsprogramme, sondern hat zum Ziel, eine neue Qualität der Zusammenarbeit im Arbeitsalltag – der ja zunehmend von Veränderungen gekennzeichnet ist – zu schaffen.

 

Credo

Um den Wandel effektiv zu gestalten, reicht ein professionelles Change Management, das allein auf die „Veränderung der Dinge“ fokussiert, nicht aus. Wir müssen weiter vorn, bei der „Veränderung des Denkens“, ansetzen. Eine klare Vision und moderne Umgebungen für ein neues Arbeiten sind hierfür essenziell, aber noch nicht hinreichend. Um das Beharrungsvermögen von Organisationen aufzubrechen, ist eine neue Qualität der Zusammenarbeit, bei der sich die Mitwirkenden in Resonanz mit sich selbst und zueinander befinden, notwendig. Hierfür bedarf es einer Veränderung des Denkens. Damit aber ein neues Denken Fuß fassen und über die Halbwertszeit eines Team-Building-Events hinaus wirken kann, sollte dessen Aneignung in den Prozess zur Veränderung der Dinge integriert werden.

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf Digitales-Wirtschaftswunder.de, dem Themenblog der QSC AG

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