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Publiziert am 27. Dezember 2017 von unter: ,

Zwischenruf im Echoraum! Digitale Dialektik am Arbeitsplatz

Dialektik

Bild: @ istock.com / bowie15

Die Gestaltung des „Digital Workplace“ sorgt für Kontroversen. Worauf sollten sich die Verantwortlichen fokussieren: Zusammenarbeit oder Automatisierung? Die Diskussion ist wichtig, sollte aber abteilungsübergreifend geführt werden. Denn Silodenken führt in die Irre.

An dieser Stelle empfehlen und kommentieren Analysten von PAC regelmäßig Web-Beiträge exklusiv für die Leser von Digitales-Wirtschaftswunder.de. Heute im Fokus: Axel Oppermanns Einlassungen zum Arbeitsplatz der Zukunft und die sich daran anschließende Diskussion.

 

„Arbeitsplatz der Zukunft“ eher „Arbeitsplatz von Gestern“?

Vielleicht hat Axel Oppermann an Haydns 94. Sinfonie gedacht, als er beim IBM Club of Excellence in Frankfurt zu einem Pauken- oder besser Rundumschlag ansetzte: Der „Arbeitsplatz der Zukunft“ – so wie er heute von vielen verstanden werde – sei aus seiner Sicht eher ein „Arbeitsplatz der Vergangenheit“. Mit der Fokussierung auf Kollaborationswerkzeuge, agile Methoden wie Design Thinking und New Work würden Ressourcen in die falschen Themen investiert.

In dem auf Video aufgezeichneten Vorgespräch zu seinem Vortrag mit Gunnar Sohn kritisiert er: „Jeder CIO oder Geschäftsführer ist beseelt von der Idee des Digital Workplace. Man kauft irgendwelche Kollaborationslösungen, dann gibt es mal einen Kurs für agile Arbeit und Teamdynamik. Das führt zu nichts“.

Und weiter: In den vergangenen 10 bis 15 Jahren hätten es die Leute nicht geschafft, Kollaboration in der Breite hinzubekommen. Heute sei es zu spät, um damit anzufangen. Die Art und Weise, wie in der Vergangenheit gearbeitet wurde, würde in die neuen Konzepte übertragen. Und auch Design Thinking würde nicht greifen. Dies würde von Leuten propagiert, die mit Brainstorming gescheitert sind.

Stattdessen empfiehlt Axel Oppermann, beim Design der Arbeitsplätze wesentlich stärker die zukünftige Gestaltung der Arbeit in den Fokus zu rücken sowie in diesem Rahmen stärker auf Automatisierung und Standardisierung zu setzen.

 

Provokation löst kontroverse Debatte aus

Die gezielte Provokation ist aufgegangen: Im Auditorium entspann sich dem Vernehmen nach eine rege Diskussion, die sich später auch in den sozialen Netzwerken fortsetzte.

So stellte Gunnar Sohn in einem Beitrag für Netzpilot.de Axel Oppermanns Einschätzungen in eine Reihe mit Joseph Schumpeters Kritik an der Diskrepanz zwischen der kapitalistischen Wirtschaftsordnung Deutschlands im Jahr 1928 und der zu dieser Zeit noch in feudalen Denkweisen gefangenen Sozialstruktur. New Work und andere esoterische Ansätze, so schließt er, eigneten sich eben nicht, um den Übergang vom Industriekapitalismus zum digitalen Kapitalismus zu gestalten. Kurzum: „Esoterik macht die Automatisierung nicht schöner“.

Stefan Pfeiffer wiederum, der für IBM den Blog CIO Kurator betreibt, sah sich mit Blick auf Axel Oppermanns Ausführungen eher an einen bekannten Literaturkritiker erinnert, als er seine Replik unter dem Titel „Alles Mumpitz, Herr Oppermann“ verfasste. Denn nach seiner Einschätzung werden Kollaborationswerkzeuge dringender denn je benötigt. Schlussendlich griff Axel Oppermann diesen Ball wieder auf, um seinerseits eine Replik, betitelt mit „Lieber Stefan Pfeiffer“ und etwas sachlicher im Ton, zu verfassen.

Mich beschleicht zwar der Verdacht, dass die öffentlich ausgetragene Kontroverse ein inszenierter Theaterdonner ist – zumal alle drei Protagonisten beim Blog-Projekt „CIO Kurator“ zusammenarbeiten. Doch unabhängig davon halte ich die Ingangsetzung einer Diskussion über die zukünftige Arbeitsgestaltung für dringend angezeigt. Deshalb möchte ich gerne daran anknüpfen und mich (nach These und Antithese) in einer Synthese versuchen.

 

Strategische Ansätze anstatt „hype hopping“ angezeigt

So stimme ich Axel Oppermanns Kritik an der verengten Sichtweise auf den Digital Workspace grundsätzlich zu. Ob Social Collaboration, Knowledge Management oder Corporate Learning: Alle Protagonisten, die mit ihren angestammten Begriffen zuletzt nicht mehr weiterkamen, scheinen sich heute unter dem Hype-Begriff „Digital Workplace“ neu zu positionieren. Dies ist natürlich legitim, der Begriff „Digital Workplace“ ist schließlich nicht rechtlich geschützt. Allerdings sollten die Unternehmen bei der Modernisierung der Arbeitsumgebungen im Zuge des digitalen Wandels nicht nur einzelne Buzz-Themen wie „Collaboration“ adressieren.

Ebenso wenig zielführend aber wäre es, wenn sich die IT-Manager nun – weil das mit der Zusammenarbeit nicht so funktioniert wie ursprünglich gedacht – ausschließlich auf das nächste vielversprechende Hype-Thema „Automatisierung mittels künstlicher Intelligenz“ stürzen.

Die Verantwortlichen kommen über kurz oder lang nicht umhin, das Thema strategisch anzugehen – so wie Axel Oppermann es ja auch einfordert. Also zu hinterfragen: Wie sieht das Geschäftsmodell des Unternehmens und somit auch die Arbeit im Unternehmen zukünftig aus? Und davon abgeleitet: In welchen Feldern muss investiert werden, um die Mitarbeiter und Arbeitsabläufe optimal zu unterstützen?

 

Automatisierung & Kollaboration sind zwei Seiten derselben Medaille

Klar scheint dabei: Das Thema Artificial Intelligence – und die damit verbundene Automatisierung – dürfte bei der zukünftigen Ausrichtung der Unternehmen eine tragende Rolle spielen. Klar scheint aber auch: Es werden weiterhin Menschen gebraucht, die miteinander und mit Maschinen interagieren, um komplexe Problemstellungen zu lösen, für die es bislang keine Routinen gibt. Denn die Entwicklung einer „strong AI“, bei der Algorithmen menschengleich reagieren, ist mittelfristig noch nicht in Sicht.

Der Erfolg der Geschäftsmodelle dürfte also auch zukünftig entscheidend davon abhängen, inwieweit es gelingt, für die Mitarbeiter ein optimales Arbeitsumfeld zu schaffen. Dabei schließen sich Automatisierung und Zusammenarbeit nicht aus. Vielmehr werden Investitionen in beide Felder dringend benötigt. So zeigen die Ergebnisse der Wissensarbeiterstudie 2017 sehr deutlich, dass einerseits komplexe Problemstellungen zunehmen, andererseits aber die Wissensarbeit immer noch mit Routineaufgaben überfrachtet ist.

Um komplexe Problemstellungen effektiv und effizient zu bearbeiten, kommen wir gar nicht umhin, neue Formen der Kommunikation und Zusammenarbeit auszuprobieren. Zugleich ist eine Automatisierung von Routineaufgaben dringend angezeigt, um den Mitarbeitern den für Austausch und Kommunikation notwendigen Freiraum zu verschaffen. Moderne Kollaborationswerkzeuge sind bei der Prozessautomatisierung in dem zunehmend agilen Umfeld wiederum eine wichtige Ergänzung.

An dieser Stelle bin ich ganz bei Stephan Pfeiffer: „Das ist kein Entweder-Oder“. Zusammenarbeit und Automatisierung sind zwei Seiten derselben Medaille.

 

Statt über Themen zu streiten, besser Silodenken überwinden

Mit Blick auf die von Gunnar Sohn angeführte Schumpetersche Kritik möchte ich aber noch einen Schritt weitergehen. Denn für „aus der Zeit gefallen“ mit Blick auf den zu gestaltenden digitalen Kapitalismus halte ich weniger die Diskussionen über New Work als vielmehr das bei vielen Protagonisten noch vorherrschende, im Industriekapitalismus geprägte Silo- oder Abteilungsdenken.

Stephan Pfeiffer wünscht sich den CIO als Coach und Enabler von Kollaborationswerkzeugen. Axel Oppermann fordert, dass sich die IT, weil sie das mit dem Coaching und Enablement nicht wirklich hinbekommt, besser (wieder) der Automatisierung zuwendet. Die New-Work-Evangelisten, darunter immer mehr HR-ler, propagieren wiederum neue Arbeitswelten und Formen der Zusammenarbeit – nehmen dabei die IT aber maximal als Randerscheinung wahr.

Die Modernisierung von Arbeitsumgebungen gelingt aber weder als reines IT- noch als HR-Projekt, sondern nur als unternehmensweites Transformationsprogramm. Dazu aber müssen die Protagonisten die angestammten Echoräume verlassen. Anstatt Kleinkriege à la „Automatisierung vs. Kollaboration“ zu führen, sollten wir besser über die Herangehensweise debattieren.

 

Gestaltung des Digital Workplace erfordert einen neuen Angang

Denn wer im Zuge des digitalen Wandels tatsächlich neue Arbeitsweisen und Abläufe realisieren will, der sollte zunächst eine abteilungsübergreifende Zusammenarbeit in Gang setzen und hierbei auch die Mitarbeiter als wichtigste Adressaten einbinden. Und um in dem dynamischen und zunehmend agilen Umfeld komplexe Vorhaben wie die Workplace-Modernisierung erfolgreich zu stemmen, muss man sich ein Stück weit von klassischen Projekt- und Change-Management-Ansätzen lösen.

Statt Wasserfallmethodik scheint vielmehr eine iterative Umsetzung und der Einsatz agiler Methoden für Planung, Entwicklung und Einführung angezeigt (siehe auch „Räume für die neue Arbeit“). Anders als Axel Oppermann glaube ich durchaus, dass hier Design Thinking greifen kann. Immerhin hilft die Methode dabei, die Mitarbeiter als eigentliche Adressaten der Workplace-Modernisierung schon während der Design-Phase in den Fokus zu rücken sowie im Rahmen eines interdisziplinären Austausches relevante Use Cases zu identifizieren.

 

Credo

Die durch Axel Oppermanns Kritik ausgelöste Diskussion um den Digital Workspace muss geführt werden. Allerdings sollten die hier angesprochenen IT-Verantwortlichen die Kritikpunkte nicht zum Anlass nehmen, nur vom Kollaborations-Hype auf den Automatisierungs-/AI-Hype umzuspringen.

Wichtig ist vielmehr, die Zielstellung ebenso wie die Herangehensweise beim „Digital Workspace“ insgesamt zu überdenken – und dabei vor allem das angestammte Silodenken in den Unternehmen zu überwinden. Denn im Flur nebenan sitzen HR und Facility Management, die über ähnliche Zielstellungen nachdenken. Ein zukunftsfähiger Umbau der Arbeitsorganisation gelingt schlussendlich nur im Verbund.

 

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf Digitales-Wirtschaftswunder.de, dem Themenblog der QSC AG

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