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Publiziert am 6. Juli 2020 von unter:

Die Millionen-Euro-Migrations-Entscheidung

Greenfield oder Brownfield – oder doch ein Mix? Vor dieser Entscheidung stehen alle Unternehmen, die von ihrer aktuellen SAP-Installation zu S/4HANA migrieren. Im ersten Teil unserer Artikelserie erklären wir, warum Unternehmen zunächst unbedingt ihre Ausgangssituation analysieren und ihre angestrebten Ziele definieren sollten.

Frau hält zwei Donuts in den Händen und fragt sich, welchen sie essen soll.

Brownfield, Greenfield oder etwas dazwischen? Unternehmen haben die Qual der Wahl für die Migration ihrer SAP-Systeme auf SAP S/4HANA. Bild: © Westend61 / Getty Images

Sie ist Pflicht, kann Monate dauern, aufwändig und teuer werden – aber auch eine Chance sein, sich von Altlasten zu befreien: die Migration von einer SAP ECC-Installation zu S/4HANA. Daher fragen Unternehmen oft: Greenfield oder Brownfield – also komplette Neuimplementierung oder eine System-Konversion?

Welcher Ansatz ist der beste für die Migration auf SAP S/4HANA? Die Unternehmen bräuchten „adäquate Entscheidungshilfen“, fordert etwa der DSAG-Vorstandsvorsitzende Marco Lenck. Die erste Antwort ist für den ein oder anderen sicherlich enttäuschend. Denn eine Blaupause, eine pauschale Antwort auf diese Frage gibt es leider nicht. Die richtige Entscheidung hängt von vielen Faktoren ab und lässt sich nur mit einem ausführlichen Check beantworten.

 

Brownfield-Strategie überwiegt leicht

Aktuelle Zahlen aus dem Investitionsreport 2020 der deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) zeigen bei den zwischen November 2019 und Januar 2020 befragten CIOs mit 39 Prozent einen leichten Vorsprung für die Systemkonversion, also die Brownfield-Variante. 20 Prozent wählen die Neuimplementierung und wollen auf der grünen Wiese neu bauen. Sieben Prozent bevorzugen die hybride Variante. Und ein gutes Drittel weiß noch nicht, welchen Ansatz es wählen soll.

Außerhalb Deutschlands zeigt sich ein ganz ähnliches Bild, wie SAPInsider im Vorfeld einer SAP-Konferenz im November 2019 im Zuge mehrerer Umfragen herausfinden konnte: Auch wenn die Early Adopter von S/4HANA zu 40 Prozent einen Greenfield-, zu 25 Prozent einen Brownfield- und zu 30 Prozent einen hybriden Ansatz wählen, sind die Migrationsverzögerer zur Hälfte noch unentschlossen – neigen aber mit 25 Prozent tendenziell leicht zur Brownfield-Variante. Über alle befragten Firmen hinweg setzen allerdings 40 Prozent auf einen Brownfield-Ansatz, 38 Prozent sind noch unsicher.

 

S/4HANA bringt grundlegende technologische Veränderungen

Insgesamt gibt es also eine Tendenz zu Brownfield. Fest steht aber, dass jede Migration wegen der grundlegenden technologischen Veränderungen durch S/4HANA mit erheblichem Aufwand verbunden ist. Es ist ebenso klar, dass die Situation jedes Unternehmens einzigartig ist. Dies bedeutet, dass es keinen einheitlichen Migrationspfad – aber zwei grundsätzliche Denkschulen gibt: Anhänger des Brownfield-Verfahrens sind eher auf Kosten fokussiert und wollen bisherige Investitionen retten. Greenfield-Verfechter wiederum sehen den Umstieg auf S/4HANA als Chance zum digitalen Wandel oder zum Aufbau eines „intelligenten Unternehmens“, wie SAP ihre Software anpreist. Kein Wunder also, dass SAP selbst eher die grüne Wiese empfiehlt.

 

Greenfield

Das neue SAP-System wird komplett neu implementiert. Daten werden übernommen, Prozesse und Technologien neu eingestellt. Der laufende Betrieb wird dabei nicht gestört.

Brownfield

Das bestehende System wird auf SAP S/4HANA schrittweise konvertiert, Daten übernommen und Prozesse optimiert.

Jedes Unternehmen muss also eine individuelle Kosten-Nutzen-Risiko-Analyse durchlaufen, um seinen Migrationspfad auszuwählen. Im Mittelpunkt dieser Analyse: Ergeben sich neben einer kurzfristigen Amortisation auch längerfristige Vorteile? Zum Beispiel, dass sich auf der grünen Wiese leichter neue Geschäftspraktiken implementieren oder neue Technologien wie maschinelles Lernen oder das Internet der Dinge nutzen lassen. Oder ältere Daten zu archivieren, um Hardware- oder Hosting-Kosten zu sparen.

Ebenfalls wichtig in diesem ersten Analyseschritt: Entscheider sollten sich nicht von Klischees leiten lassen. Also etwa von der Behauptung, der Greenfield-Ansatz brauche viel Zeit und sei teuer, der Brownfield-Ansatz im Vergleich dazu schneller und billiger. Die Brownfield-Methode wiederum sei veraltet, blockiere Innovationen, da man Altsysteme übernehme. Nur auf der grünen Wiese seien komplett neue Ansätze umsetzbar. Dafür sei das Risiko aber deutlich höher. Das Problem: Die meisten dieser Aussagen stammen aus einer Zeit, in der weder die Automatisierung der Implementierung noch die Migrationswerkzeuge so fortgeschritten waren wie heute.

 

Strategie wichtiger als Kosten und Technik

Empfehlenswert ist eher, die Entscheidung für Greenfield oder Brownfield mit Blick auf die zukünftige Strategie und das Betriebsmodell des eigenen Unternehmens zu treffen. Jedenfalls bietet die Migration die Chance, die Anzahl der Systeme zu reduzieren und die Prozesse und Organisationen auf die Herausforderungen und Chancen des 21. Jahrhunderts auszurichten. Also sollten sich Unternehmen weniger von Technik und Kosten leiten lassen. Wer sich folgende Fragen stellt und sie auch beantworten kann, kommt dem Entscheidungsziel schon ein Stück näher:

  • Unterstützt das aktuelle ERP-System das zukünftige Betriebsmodell und die Unternehmensstrategie? Oder bildet es Geschäftsprozesse ab, die nicht mehr zum Unternehmen passen? Dann wäre es vielleicht an der Zeit für einen Neuanfang nach der Greenfield-Methode.
  • Bilden die aktuellen Systeme und Daten die Unternehmensprozesse gut ab und lassen sie sich leicht anpassen?
  • Bieten die aktuellen Systeme die nötige Agilität, um der sich verändernden Geschäftslandschaft gerecht zu werden – und um Ereignisse wie zum Beispiel Brexit, M&A, neue Steuervorschriften oder eine Krise abzubilden?
  • Brauchen wir unsere Lösungserweiterungen und Anpassungen noch, die wir über die letzten Jahre drangebaut haben? Möglicherweise deckt S/4HANA einige dieser Funktionalitäten „out of the box“ ab.
  • Wie wichtig ist es, die historischen Daten aufzubewahren? Lohnt es sich, aufzuräumen? Bei einer Greenfield-Migration ist es unwahrscheinlich, alle Bestandsdaten mitzuschleppen.
  • Innovationsblocker oder Schlüsselanlage: Wie nehme ich mein aktuelles System wahr? Benötige ich eine Erneuerung meiner kompletten ERP-Lösung?

Im zweiten Teil unserer Artikelserie zeigen wir auf, für welche Unternehmen sich der Brownfield- und für welche der Greenfield-Ansatz am besten eignet.

 

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